Segal-Seminare

 

Einführendes in das Christentum

 

Joseph Ratzinger (Benedikt XVI.)

Wer ist Joseph Ratzinger (jetzt Benedikt XVI.)?

Geboren 1927 in Marktl am Inn. 1951 wurde er zum Priester geweiht. Zwischen 1977 und 1982 war er Erzbischof von München und Freising. 1981 wurde er als Präfekt der Kongregation für die Glaubenslehre in den Vatikan berufen. Er hatte außerdem die Ämter des Präsidenten der Päpstlichen Bibelkommission und der Internationalen Theologenkommission inne. Ab 2002 wurde er Dekan des Kardinalskollegiums. 2005 wurde er überraschend schnell als Nachfolger von Papst Johannes Paul II. zum Papst gewählt. Er wählte den päpstlichen Namen Benedikt XVI.. Er hat zahlreiche Bücher geschrieben, manche eher für theologische Fachkreise, andere von bewundernswerter Einfachheit. Als ich mich entschloß, seine Bücher zur Hand zu nehmen, hat mich das einige Schweißausbrüche gekostet, denn Ratzinger galt in Deutschland, nachdem man ihn eher zu den „progressiven“ Theologen gezählt hatte, nach seinem Amtsantritt in seiner Funktion des Hüters der katholischen Glaubenslehre als konservativer „Hardliner“. An ihm kann man entdecken, wie ungenügend solche schnellen, lynchjustizartigen Einteilungen sind. Ich habe in den Denkwerkstätten, in denen wir manches Buch von Ratzinger ausschnittweise gelesen haben, immer wieder festgestellt, daß Menschen, denen der Gedanke völlig abwegig erschienen war, zu seinen Büchern zu greifen, durch die Lektüre, auch wenn sie sich nicht von allen seiner Auffassungen haben überzeugen lassen, am Schluß, bescheidener geworden, den Hut abnehmen mußten vor der Weite und Gründlichkeit seiner Kenntnisse, vor der Großzügigkeit in seinem Denken, vor dem Mut, an bestimmten Punkten klare und sorgfältig begründete Grenzen zu setzen und nicht zuletzt auch vor der menschlichen Wärme und Sorge, die vor allem in den persönlich gehalteneren Büchern zwischen den Zeilen durchscheint (das gilt besonders für die Interview-Bücher mit Peter Seewald). Ich habe aus dieser Erfahrung die Schlußfolgerung gezogen, daß man nie einen anderen Menschen aufgrund seines vor allem durch die Medien verbreiteten Rufs beurteilen sollte, ohne ihm die Chance gegeben zu haben, selbst – im Falle Ratzingers durch seine Bücher – zu Wort zu kommen. Es ist auch erwähnenswert, daß Ratzinger vor allem in Deutschland und Frankreich Opfer des oben genannten Hopplahopp-Urteils ist (vielleicht sollte man seit seiner Wahl zum Papst besser „war“ sagen). In vielen anderen Ländern (und unter den kompetenteren deutschen und französischen Christen) gilt er als einer der größten Theologen der heutigen Zeit.

•  Salz der Erde – Christentum und katholische Kirche an der Jahrtausendwende. Ein Gespräch mit Peter Seewald, DVA, 1996

• Gott und die Welt – Glauben und Leben in unserer Zeit, Ein Gespräch mit Peter Seewald, DVA, 2000.

Peter Seewald, renommierter Journalist (er arbeitete unter anderem beim Stern und beim Spiegel), war lange Jahre Atheist, bevor er (wieder) Katholik wurde. Seewald stellt Kardinal Ratzinger in diesen beiden Büchern all die Fragen, die Menschen haben, die wissen möchten, wie man eigentlich Christ sein oder werden kann. Die Direktheit und Einfachheit, die angenehme Unverblümtheit von Frage und Antwort sind erfrischend und erhellend. Eine hervorragende Einführung in das Christentum für jedermann.

•  Einführung in das Christentum, Kösel, 1990.

Ratzinger ist ein wunderbarer Denker und Schreiber. Es ist ein Vergnügen zu verfolgen, wie sich ein Gedanke aus dem anderen entwickelt, wenn er das christliche Glaubensgebäude in seinen wesentlichen Zügen nachzeichnet. Dabei geht er auf die geschichtliche, philosophische und theologische Dimension des Christentums ein und legt immer wieder überraschende Tiefenschichten frei. Ratzinger wird gern zum konservativen Flügel des Christentums gerechnet. Aber selbst die eher progressiv gesinnten Christen sind sich einig, daß hier ein Buch ist, das tief in das Wesen des Christentums einführen kann, allerdings auf eher philosophisch-theologische, weniger auf erbauliche Weise.

Wer mit der Materie wenig vertraut ist, braucht Geduld und Ausdauer.

•  Werte in Zeiten des Umbruchs – Die Herausforderungen der Zukunft bestehen. Herder Spektrum Band 5592, Freiburg im Breisgau, 2005.

Kardinal Ratzinger stellt hier mit wohltuendem Takt und Sinn für Maß für jeden etwas weiter denkenden Menschen Gedankengänge vor, die freundlich und doch unbeirrbar die Ungereimtheiten der heutigen Zeit beim Namen nennen, Krankes in unseren Gesellschaften und Kulturen diagnostizieren und mit erstaunlicher Bescheidenheit Anregungen zur Heilung geben. Er behandelt in diesem kleinen (aber feinen) Buch Fragen um Politik und Moral und um das Verhältnis zwischen der Wahrheitsfähigkeit des Menschen, seiner Freiheit und seinem persönlichen Gewissen. Der Artikel „Wenn du den Frieden willst – Gewissen und Wahrheit“ ist für jene besonders interessant, die der subjektivistischen Sicht anhängen, nach der das Gewissen letzte Instanz für das persönliche Handeln sei. Für Psychologen halte ich den Artikel für eine „Pflichtlektüre“.

Es ist empfehlenswert, sich auf dicht gepackte Kost vorzubereiten. Allerdings beherrscht der Autor die Kunst, auch schwierige Gedankengänge Schritt für Schritt so zu entfalten, daß auch in solchen gedanklichen Wegen ungeübtere Leser, die sich mit Geduld wappnen, in den Text gut eindringen können.

• Enzyklika: Deus Caritas Est – Gott ist die Liebe.

Die erste Enzyklika wurde, zumindest in katholischen Kreisen, mit großer Spannung erwartet. Benedikt XVI. schildert in einfachen Worten, welchen Stellenwert die Liebe und damit auch der Eros in christlicher Sicht hat. Selbst Theologen waren überrascht über die liebevolle und klare Art, mit der Benedikt XVI. wesentliche Dimensionen der Liebe aufzeigt. Es ist für manchen Zeitgenossen, der sich mit diesem Thema nie genauer auseinandergesetzt hat, vielleicht befremdlich, daß Liebe etwas ist, über das es viel zu lernen gibt. Wem der Gedanke aber einleuchtet, für den lohnt sich die Lektüre. Der Papst schreibt in dieser Enzyklika einfach und für jedermann gut verständlich.

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Luigi Giussani

 

Wer ist Luigi Giussani?

„Der 1922 in der Nähe von Mailand geborene italienische Priester Luigi Giussani gab Mitte der 50er Jahre seine Lehrtätigkeit an der renommierten Theologischen Fakultät des Erzbistums Mailand in Venegono auf, um an einem Mailänder Gymnasium zu unterrichten. In wenigen Jahren zog seine existentielle Art, den Glauben zu leben, so viele Schüler an, daß daraus die heute weit verbreitete Laienbewegung "Comunione e Liberazione – Gemeinschaft und Befreiung“ entstand. Er gehört zu den bedeutenden Gestalten eines neuen religiösen Aufbruchs. Von seinen zahlreichen Veröffentlichungen sind inzwischen die wichtigsten in über zwanzig Sprachen übersetzt worden.“ (Klappentext zum empfohlenen Buch) Giussani starb im Jahr 2005.

 

• Der religiöse Sinn – Grundkurs christliche Erfahrung, Bonifatius Verlag, Paderborn, 2003

Es gehört zur Alltagsweisheit jedes Menschen, daß jeder glücklich sein möchte. Doch wie tief reicht dieser Wunsch und wie ist er erfüllbar? Die Antwort Giussanis orientiert sich an der täglichen Erfahrung und legt die Oberflächlichkeit bloß, die diesen tiefsitzenden Wunsch ad acta legen oder nur als für zukünftige Generationen erreichbar erklären möchte. Er spickt seine Gedankengänge mit Zitaten großer Dichter und Schriftsteller, um deutlich zu machen, daß das Glücksstreben des Menschen unabweisbar auf eine den Menschen übersteigende  Wirklichkeit hingeordnet ist. Er legt dabei großen Wert auf die Überprüfbarkeit jeder Aussage. Letztendlich versucht er in diesem Buch nachzuweisen, daß religiöser Glaube durch und durch vernünftig ist. Das Buch ist an und für sich einfach geschrieben, aber wer wenig Übung hat, philosophischen Gedankengängen nachzugehen, muß sich manchmal trotzdem mit Geduld wappnen

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Romano Guardini

Wer ist Romano Guardini?

Er kam 1885 als Kind italienischer Eltern in Verona zur Welt. Die Familie siedelte aber bald nach Mainz um. Sein Vater war Importkaufmann. Nach einigen Mühen der Berufswahl entdeckte Romano seine Berufung zum Priestertum. Schon im Priesterseminar und im Theologiestudium wurde deutlich, wie besonders die Auffassungsgabe und die Denkweise Guardinis war. Seine Freiheit von aller zwanghaften Suche nach Modernität und seine Bemühung, Leben, Sinn und Ziel des Menschen in seiner Vielschichtigkeit zu erfassen, haben aus ihm einen der großen Vordenker und Vorbilder des 20. Jahrhunderts gemacht. Sein Einfluß auf die jungen Leute Deutschlands war durch seine Arbeit in der Jugendbewegung in Burg Rothenfels vor und fast während der ganzen Nazizeit beträchtlich. Von 1923 bis 1939 lehrte er an einem eigens für ihn eingerichteten Lehrstuhl für katholische Weltanschauung an der Universität Berlin. Die Nazis verboten ihm ab 1939 jede Lehrtätigkeit. Nach dem Krieg wurde er wieder an die Universität berufen, zunächst nach Tübingen (1945 – 1948), dann nach München (1948 - 1968).  Guardini sorgt in seinen Schriften für eine eigentümlich lebendige und tiefgründige Begegnung zwischen rein menschlichem Denken (Philosophie) und „Sich-von-Gott-die Wahrheit-sagen-Lassen“ (Theologie), wobei sein Sinn für Kunst ermöglicht, daß er die Werke großer Künstler (z.B. Dostojewski, Rilke, Hölderlin) mit in diesen Dialog von Philosophie und Theologie einbezieht. Er gilt weltweit als einer der größten christlichen Denker des 20. Jahrhunderts.

 

 

•  Existenz des Christen, Verlag Ferdinand Schöningh, 1977 (vergriffen)

Romano Guardini versuchte in einer Reihe von Universitätsvorlesungen, das Christentum nicht so sehr als eine theoretische Weltanschauung, sondern als einen persönlichen Vollzug der Existenz darzustellen. Was heißt es, Christentum zu leben, zu realisieren, die eigene Existenz von Gott durch die Person Jesu Christi ergreifen zu lassen? Immer wieder unternimmt er von den verschiedensten Seiten der Menschenwirklichkeit einerseits, der christlichen Offenbarung andererseits aus Anläufe, um dem Gottesmysterium und dem darin lebenden Menschen nahezukommen. Dabei fließen natürlich Theologie und Philosophie, eine umfassende Kenntnis der Bibel, auch Geschichtswissenschaftliches in das Ringen um die Wahrheit der christlichen Existenz ein. Das Buch empfiehlt sich für Leser, die einige Geduld und Ausdauer mitbringen. Es ist nicht erbaulich, aber gesund herausfordernd, was auf seine eigene Weise Mut zur Existenz machen kann. Das Buch ist, in seiner zweiten Auflage, 1977 erschienen. Es hat nichts von seiner Aktualität und Strahlkraft verloren. Es ist wahrscheinlich schwer für Menschen zugänglich, die philosophisch keinerlei Marschgepäck mitbringen.

 

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Josef Pieper

 

Wer ist Josef Pieper?

Josef Pieper ist einer von jenen, die während und nach dem 2. Weltkrieg unbestechlich auf die innersten Werte des Lebens aufmerksam gemacht haben. Er zählt international zu den bedeutendsten christlichen Philosophen unserer Zeit. Seine Bücher sind international bekannt geworden. Neben vielen Auszeichnungen erhielt Pieper einen Preis für seine Fähigkeit, komplexe Zusammenhänge allgemeinverständlich darzustellen.

Er wurde 1904 in Elte, einem Dorf im Münsterland, geboren. Er studierte an den Universitäten Berlin und Münster Philosophie, Rechtswissenschaft und Soziologie. Nach Tätigkeiten als Soziologe und freier Schriftsteller wurde er ordentlicher Professor für philosophische Anthropologie an der Universität Münster, wo er noch in hohem Alter als Emeritus lehrte. Seine Vorlesungen gehörten bis zum Ende seiner Lehrtätigkeit zu den bestbesuchten der Universität.

Seine Schriften sind in 15 Sprachen übersetzt worden; die Gesamtauflage liegt weit über eine Million Exemplare.

Was sich in den Schriften Josef Piepers vermittelt, ist abendländische Weisheitstradition in ihrer ganzen Lebendigkeit und zeitlosen Gültigkeit. Allen seinen Büchern eignet eine bedachtsame, durch keine Oberflächlichkeit störbare Ruhe und herzliche Menschlichkeit. Die Bücher sind für jedermann geeignet, wobei man sich mit Geduld wappnen sollte: man muß sich einlesen, hineinfinden, aber dann enthüllen sich ungeahnte Schätze.

 

•  Lieben, hoffen, glauben. Kösel Verlag, 1986

•  Das Viergespann – Klugheit, Gerechtigkeit, Tapferkeit, Maß. Kösel-Verlag, 1964

Die in diesen beiden Titeln genannten Begriffe sind Grundworte unseres Lebens. Wir benutzen sie selbstverständlich und kommen von daher vielleicht gar nicht auf den Gedanken, daß wir nur Teilbereiche ihres eigentlichen Wesens erfassen und leben. Wer faßt zum Beispiel die Liebe als etwas lebenslang zu Lernendes auf? Und vermitteln wir ausreichend, daß nicht beweisbares Glauben jedermanns Leben im Alltag umso mehr bestimmt, je wesentlicher der Bereich ist, um den es geht? So wird uns auch nicht deutlich, wie blind wir in diesen Bereichen unseres Leben sein, wie sehr wir sie veruntreuen können. Pieper entfaltet ihre Bedeutungsschichten mit einer ruhigen klaren Unbestechlichkeit. Er zeigt Wege, warum wirkliche Ethik nicht mit äußerem Zwang auferlegter Fremdkörper ist, sondern Leitlinie zum Glücklichsein, allerdings zu einem Glück, das das Tiefste im Menschen meint und sich eher von dort her aufbaut, anstatt im Äußeren stecken zu bleiben. Er verweist nicht auf „Happiness“. Die Bücher gehören zu dem Besten, womit jemand beginnen kann, der das Wesen von christlich fundierter Ethik begreifen möchte. Sie eignen sich somit für den, der eine allgemeine Orientierung für sein Leben sucht, die das Wertvollste der abendländischen Erfahrung und des letztendlich christlichen Denkens auf gut verständliche Weise vermittelt.

 

•  Glück und Kontemplation, Kösel-Verlag, München, 1979

Der beste Kommentar zu diesem Buch besteht aus den Zeilen, mit denen Joseph Pieper es selbst einleitet: „Wenn man bedenkt, was alles die Menschen durchschnittlich meinen, wenn sie vom Glück sprechen – in den Wünschen, die sie einander zukommen lassen zu Hochzeit und Namensfest, beim Abschied, am ersten Tag des Jahres („Glückseliges Neues Jahr!“ – so lautet im Westfälischen unser Zuruf); in den zahllosen, dem Leser, dem Zuschauer, dem Hörer, dem „Konsumenten“ durch die Unterhaltungsindustrie angebotenen Geschichten vom bedrohten, geneideten und endlich errungenen Glück; in den Liedern, die keinen Zweifel darüber lassen, was es heiße, einen Mann glücklich zu machen; in der schon ein wenig altmodisch gewordenen Formel vom „größtmöglichen Glück der größtmöglichen Zahl“; in der seltsam programmatischen Rede, jedermann habe das Recht auf Glück – wenn einer all dies im Ohr hat, dann mag es für ihn eine gründliche Überraschung sein, auf den unbeirrten Satz zu stoßen, das äußerste Glück des Menschen liege in der Kontemplation.

Genau dieser Satz ist es, und er allein, womit die folgende Interpretationsbemühung es zu tun hat. Er spricht eine ganze Weltansicht aus, vor allem eine an die Wurzel gehende Meinung über die Natur des Menschen und über den Sinn des menschlichen Daseins“.

Das Buch ist etwas schwerer zu lesen als die beiden oben genannten Bücher über Ethik, ist aber mit einem guten Schuß Geduld auch gut zugänglich. Und wenn man begreift, was da steht, ist es eine enorme Lebenshilfe.

 

•  Muße und Kult, Kösel-Verlag, München, 1995

Piepers Kampf in diesem Buch gilt dem, was er die „totale Arbeitswelt“nennt. Was begründet und erhält im menschlichen Leben jenen unverzweckten „Raum“, der nicht, wie die der Erholung gewidmete Zeit, dazu da ist, für die Arbeit wieder fit zu machen, sondern der für sich selbst steht? Piepers Antworten überraschen auch in diesem Buch wieder durch ihre ins Zeitlose mündende Tiefe?

Das Buch ist, sobald man sich eingelesen hat, gut zugänglich.

•  Überlieferung – Begriff und Anspruch, Kösel-Verlag, München, 1970

Es ist schon recht seltsam, daß wir Heutigen so wenig fragen, was uns von Zeitgeistströmungen frei machen kann, was uns aus dem Treibsand der Modernitäten herausbringen könnte auf festen, unerschütterlichen Grund – es ist seltsam, denn die Entsetzlichkeiten des Nationalsozialismus und des Kommunismus haben ebenso intelligente und wohlmeinende Menschen wie uns selbst dazu gebracht, stillschweigend, blind mitschwimmend oder mehr oder weniger bewußt am verbrecherischen Tun beider Weltanschauungen teilzuhaben. Haben wir selbst heute vielleicht ebenso blind teil daran, daß die Welt und mit ihr der Mensch verzweckt werden, um eingespannt zu werden in die „totale Arbeitswelt“, deren Strömen uns hineinreißt dorthin, wo nur noch verzweckbares Material, auch „Menschenmaterial“, Wert hat?

Pieper spricht in seinem Buch nicht gegen einen gewissen Fortschritt, aber er seziert aus dem Lauf der Geschichte zwei Strömungen heraus: den unleugbaren und sinnvollen Lernfortschritt der Menschheit einerseits und ein durch keinen Fortschritt überholbares Element, das einem ganz anderen Muster folgt: die Überlieferung. Es sei hier nicht näher beschrieben, was Pieper Überlieferung nennt. Denn er hält manche Überraschung parat, die nicht vorweggenommen werden soll. Das Buch ist gut zugänglich.

•  Tod und Unsterblichkeit, Kösel-Verlag, München, 1979

Philosophieren wird unabweisbar, wenn man angesichts des Tods nach dem Sinn und dem Ergehen der eigenen Existenz fragt. Man erhofft und braucht Antworten, die das Ganze der Welt, ihr Sinnganzes in den Blick bekommen. Cicero meint, Philosophieren sei überhaupt nichts anderes als Bedenkung des Todes, was Camus auf eine perverse Spitze treibt, wenn er meint, die eigentliche Frage aller Philosophie sei, warum man sich nicht umbringe.

Pieper wendet die Frage nach Sinn und Wesen des Todes in allen Richtungen hin und her, wobei er langsam die großen Antworten abendländischen Denkens aufgreift und bedenkt. Charakteristisch für ihn ist, daß er keine künstliche Trennung zwischen Philosophie und religiösem Denken akzeptiert, denn Philosophie will das Wirklichkeitsganze in den Blick bekommen und da müssen auch die religiösen Antworten bedacht werden.

Das Buch führt in der für Pieper typischen Ruhe von einer Frage zur nächsten und entblättert die Fragen um den Tod und die Unsterblichkeit so, daß jedermann sie nachvollziehen kann.

 

•  Über das Ende der Zeit – eine geschichtsphilosophische Betrachtung, Kösel-Verlag,

München, 1980

Pieper untersucht in diesem Buch zunächst die Beziehung zwischen Theologie und Philosophie, um dann auf der Grundlage der christlichen Glaubensaussagen zum „Ende der Zeit“ zu versuchen, auf philosophische Weise diese Aussagen zu begreifen. Das Buch ist nur zugänglich mit einigen Vorkenntnissen in philosophischem Denken.

 

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C.S.Lewis

 

Wer ist C.S.Lewis?

Clive Staples Lewis wurde 1898 in Belfast, Nord-Irland, geboren. Obwohl er in einer anglikanischen Familie aufwuchs, wurde er schon als Jugendlicher erklärter Atheist. Sein Hauptargument für den Atheismus war, daß Menschen im Lauf der Geschichte so viele Mythen erfunden haben, daß es sich wohl beim Christentum auch um solch einen Mythos handeln dürfte. Und er liebte die Mythen der Menschheit, die griechischen und nordischen Sagen, die indischen Epen ... Zu seinem eigenen Erstaunen las er allerdings am liebsten christliche Autoren wie Chesterton oder Tolkien. Als er in Oxford Dozent für Literaturgeschichte wurde, lernte er Tolkien kennen; sie wurden Freunde. Die Frage nach dem Wesen des Christentums hat Lewis dann doch wieder eingeholt. Durch eine ausgiebige und hartnäckige Auseinandersetzung mit dem Christentum kam er nach und nach zu der Überzeugung, daß diese Religion doch kein Mythos ist, sondern daß Jesus Christus tatsächlich derjenige ist, aus dem in gewisser Weise alle sakralen Mythen entspringen, wie durchsetzt mit Menschlichem sie auch immer sein mögen. Und so wurde er wieder Christ. In seinen Büchern über das Christentum versucht er, sich in gut verständlicher Sprache an den interessierten Laien zu wenden. Konfessionelle Unterschiede läßt er beiseite; er will  beschreiben, was allen Christen an Glaubensinhalten gemeinsam ist, und das ist nicht wenig. Neben den Sachbüchern hat er auch lesenswerte Kinderbücher und einige Science-Fiction-Romane verfaßt; auch in ihnen behandelt er auf teilweise geniale Art christliche Themen. Seine Bücher gehören, abgesehen von der Bibel, international zu den meistverkauften christlichen Büchern des 20. Jahrhunderts; und er wird allgemein als einer der größten Konvertiten unserer Zeit angesehen. Er starb 1963 in seinem Heim in Oxford.

•  Pardon, ich bin Christ – meine Argumente für den Glauben, Brunnen Verlag, 1995

Wer sich von C.S.Lewis in das Christentum einführen lassen möchte, sollte mit diesem Buch beginnen. Es ist einfach und gut zu lesen. Wenn ich sage „einfach“, dann heißt das nicht, daß jemand, der sich mit den Fragen um das Wesen von Religion und Christentum nie beschäftigt hat, das Buch einfach verschlingen kann, wie man ein Glas Bier „ex“ austrinkt. Bücher dieser Art kann man nicht „konsumieren“. Man muß sich einlesen und trotz aller Einfachheit Geduld mitbringen.

•  Wunder – möglich, wahrscheinlich, undenkbar, Brunnen Verlag, 1998

Das Buch enthält zwei Teile: Im ersten versucht Lewis auf philosophischem Weg nachzuweisen, daß die Existenz von Wundern, auch wenn sie selten vorkommen, wahrscheinlicher ist, als modernes Denken es in der Regel zugesteht. Die Frage ist in seinen Augen wesentlich, weil das Christentum die einzige Religion ist, die im Zentrum ein Wunder ist: die Menschwerdung Gottes in Jesus Christus.

Im zweiten Teil bietet Lewis eine erstaunlich einfache und einleuchtende Erklärung der Wundertaten Jesu an. Er zeigt auf, daß die Wunder Jesu eine Lehre über dessen Person und über das Wesen Gottes beinhalten.

Der erste Teil enthält schwierige Passagen. Der zweite Teil ist für jedermann zugänglich.

•  Das Gespräch mit Gott – Gedanken zu den Psalmen, Benziger Verlag, 1978.

Für manche Menschen ist die Begegnung mit dem Alten Testament Grund zur Verwunderung, ja, zur Abscheu gegenüber der jüdisch-christlichen Religion. Der Rachegott Mose und der jüdischen Propheten ist ihnen Stein des Anstoßes. Das gilt auch für recht viele Christen. Das Buch von C.S.Lewis über die Psalmen ist eine in weiten Teilen einfach zu lesende, aber gleichzeitig tiefgründige Einführung in Gedankengänge, die verständlicher machen, warum und in welcher Weise das Christentum sich als Erfüllung dessen beschreibt, was im Alten Testament vorgegeben ist. Lewis schreibt, wie er selbst betont, „für Laien über Dinge, in denen ich selbst Laie bin“. Denn: „Es geschieht oft, daß sich Schuljungen bei der Arbeit gegenseitig besser helfen, als es der Lehrer kann.“ Die ersten sieben Kapitel sind sehr leicht zugänglich. Bei den letzten drei Kapiteln zeigt sich, daß der „Schuljunge“ Lewis manche Fragen allerdings mit einem Scharfsinn und einem Kenntnisreichtum angeht, die für manchen Leser eine etwas harte Nuß sein können. Das sollte aber nicht davon abhalten, sich immerhin die ersten sieben Kapitel zu Leibe zu führen.

•  Dienstanweisung für einen Unterteufel, Herder Spektrum, 1992

C.S.Lewis ist zunächst hauptsächlich durch dieses Buch weltweit berühmt geworden. Er versucht in ihm, das Wesen des Christentums sozusagen im Negativ zu beschreiben. Ein Oberteufel schreibt Briefe an einen eben aus der Teufelsakademie entlassenen Untergebenen, der gleichzeitig sein Neffe ist, immer wieder Briefe, die Rat und allgemeine Unterweisungen enthalten, wie der erste „Kunde“ des Neffen zu behandeln sei, um ihn sicher vom Feind (Jesus) weg hin zum „Vater in der Tiefe“ zu führen. Abgesehen davon, daß die Briefe des Oberteufels, wie gesagt, ein Negativbild des Christentums zeichnen, werden Zeiterscheinungen, die auch heute noch erstaunlich aktuell sind, witzig und scharfsinnig aufs Korn genommen. Gleichzeitig fühlt man sich seltsam ertappt, weil die Ratschläge des Oberteufels auf eigenartige Weise mit der eigenen Erfahrung korrespondieren, wie man manchmal auf ungute Gedanken kommt oder von guten Gedanken und Vorsätzen abgelenkt wird. Und nicht zuletzt kommt in diesem Buch der typisch englische Humor von C.S.Lewis zum Tragen, der hilft zu lernen, sich selbst (und den Teufel) dadurch zu übersteigen, beide freundlich auf den Arm zu nehmen.

Ich kenne Leute, die das Buch streckenweise nicht so einfach zu lesen fanden. Aber selbst, wenn das der Fall sein sollte, kann man weiterlesen, bis man wieder auf Dinge stößt, die man versteht. Man braucht ja manchmal nicht alles und jedes zu begreifen.

•  Was der Laie blökt – Christliche Diagnosen, Johannes Verlag, 1999

Das Buch enthält eine Sammlung von Artikeln mit interessanten Überlegungen zu ganz unterschiedlichen Themen: Geblök eines Laien; Studium in Kriegszeiten; Der Historizismus; Die letzte Nacht der Welt; Religion und Raumfahrt; Gliedschaft; Über Vergebung; Die Wirksamkeit des Gebets. Für mich sind besonders wichtig „Geblök eines Laien“ und „Die Wirksamkeit des Gebets“ gewesen. „Geblök eines Laien“ empfehle ich jedem, der sich mit der Frage herumschlägt, ob man der Bibel trauen kann, bzw. ob der zeitgenössische Versuch, wissenschaftlich zu ergründen, wie die Bibel entstanden ist, vertrauenswürdig ist. „Die Wirksamkeit des Gebets“ beschäftigt sich natürlich mit der Frage, ob Gebete wirksam sind, aber dann auch mit dem Problem des Bittgebets: Warum sollen wir Gott um etwas bitten, wenn er, der Allwissende und Allmächtige, sowieso besser weiß als wir selbst, was wir brauchen?

Das Buch ist unterschiedlich gut zugänglich, manches ist schwierig, manches einfach.

 

•  Die Abschaffung des Menschen,  Johannes Verlag, 1993

Eine harmlos mit einer Schulbuchaussage beginnende dreiteilige Vortragsreihe, die mit zwingender Logik den modernen Individualismus und die ebenfalls moderne Idee, die Natur besiegen zu können, bis in ihre letzte erstaunliche Konsequenz verfolgt: sollte es uns gelingen, in freischwebendem und unbegrenztem Forschungdrang die Natur und mit ihr auch die Natur des Menschen zu erobern, würde das Menschliche am Menschen ausgetilgt sein. Der Mensch als wirklicher Mensch wäre abgeschaftt. Was bliebe, wäre die Tyrannei der natürlichen Triebe über den Menschen. Man muß den logischen Schritten der Argumentation folgen, um zu sehen, daß hier unabweisbar Wahres scharf gesehen wird. Wer mit derartigen Themen nicht vertraut ist, hat es hier allerdings mit einer harten Nuß zu tun.

 

•  Was man Liebe nennt – Zuneigung, Freundschaft, Eros, Agape. Brunnen, 1995

Liebe ist ein großes Wort, das oft leichtfertig ausgesprochen wird. Das Buch versucht, der Vielschichtigkeit dessen, was man Liebe nennt, auf die Spur zu kommen. Es empfiehlt sich, vorher das Buch „Über die Liebe“ von Josef Pieper zu lesen. Es ist bei solchen Büchern manchmal nicht einfach zu sehen, was aus solchen theoretisch erörterten Inhalten konkret für mein und dein und unser Leben folgt. Das entblättert sich nur langsam, weil lieben lernen unter anderem eines zur Voraussetzung hat: Geduld.

 

•  Die große Scheidung. Johannes Verlag, Einsiedeln 1996

Ich habe das Buch einer Freundin geliehen, die sich vorsichtig dem Christentum nähern wollte. Sie hatte Mühe, es ernst zu nehmen. Hier entdeckt man den manchmal skurrilen englischen Humor und die Fähigkeit von Lewis, christliche Glaubensinhalte in konkrete, ungewöhnliche Bilder umzusetzen, die eine ganz frische Annäherung an längst Abgeschriebenes oder zu Gewohntes erlauben. Lewis beschreibt anhand einer durch und durch seltsamen Reisegesellschaft, was uns Menschen – dem Christentum nach – wohl nach dem Tod für eine Wahl erwartet und was uns davon abhalten könnte, eine gute Wahl zu treffen.

Das Buch ist für jeden gut lesbar.

 

•  Die Weisheit meines Meisters, Johannes Verlag, Einsiedeln, 1986

Einer der Lieblingsautoren von Lewis war der Christ Dr. Gerville MacDonald. Er hat ihm offensichtlich viel zu verdanken. Das Buch ist eine Sammlung von kleinen Texten, die Lewis geholfen haben, Christ zu werden. Es enthält wunderbare Anregungen und liefert gleichzeitig viele Einblicke in Aspekte des Christentums.

Die gesammelten Aphorismen sind unterschiedlich leicht verständlich. Man kann sich die heraussuchen, die die eigene Seele nähren.

 

•  Science-Fiction-Trilogie:

Perelandra – oder: Der Sündenfall findet nicht statt. Herder Bücherei, Bd. 52, 1959
Jenseits des schweigenden Sterns. rororo 289, 1958
Die böse Macht. Verlag Jakob Hegner, 1954

Alle drei Bücher kann man als reine, spannende und geistreiche Science-Fiction-Romane lesen. Wer tiefer schauen will, entdeckt, daß Lewis in ihnen der Frage nach dem Guten und dem Bösen und nach dem Sündenfall des Menschen und seinen Folgen nachgeht. Wer das Christentum kennenlernen oder vertiefen will, erhält hier die Möglichkeit, diese zentralen Fragen einmal aus einem ganz frischen, die modernen Vorstellungen (und Phantasien) vom Kosmos mit einbeziehenden Weise kennenzulernen. Persönlich hat mir das Buch geholfen, der seltsamen Lehre vom Sündenfall weniger befremdet gegenüberzustehen.

Die Romane sind für jedermann ohne weiteres gut lesbar.

 

• Kinderbücher:

 

Die Narnia-Bücher:

 

Das Wunder von Narnia

Der König von Narnia

Der Ritt nach Narnia

Prinz Kaspian von Narnia

Die Reise auf der ‚Morgenröte‘

Der silberne Sessel

Der letzte Kampf

Die Kinderbücher von Lewis sind spannend zu lesen. Ich bin sicher, daß auch Erwachsene immer wieder gern danach greifen. Ich tue es auf jeden Fall. Im Hintergrund schwingt unaufdringlich, ähnlich wie bei dem mit Lewis gut befreundeten Tolkien, eine christlich beeinflußte Symbolik mit. Die Narnia-Bücher erfahren gerade eine unerwartete Verbreitung, weil Narnia jetzt groß verfilmt wurde.

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Albert Görres

 

Wer ist Albert Görres?

Albert Görres erblickte 1918 in Berlin das Licht der Welt. Er studierte Philosophie und Medizin und wurde dann auch Psychoanalytiker. Er wurde klinisch tätig in Psychiatrie, Innerer Medizin und Psychotherapie, dies auch an der Psychosomatischen Klinik in Heidelberg bei Alexander Mitscherlich. Von 1966 - 1973 war er Professor für Klinische Psychologie an der Universität München, danach Professor für Medizinische Psychologie und Psychotherapie an der Technischen Universität München. Es ist vor allem einigen seiner Veröffentlichungen zu verdanken, daß die Freud’sche Psychoanalyse von der deutschen katholischen Kirche nach Jahren der Ablehnung in dem, was die Psychoanalyse an Wertvollem enthält, anerkannt wurde. Ich bin persönlich der Meinung, daß die Christianisierung Freud’schen Denkens, die Görres geleistet hat, in ihrem Wert erst noch entdeckt werden wird. Der profunde Glaube an Gott, an Jesus Christus und an die Kirche hat Görres nie verlassen. Seine vielen Therapiestunden, die er mit um ihren Glauben ringenden Christen, auch christlichen Amtsträgern verbracht hat, haben bei ihm die Erkenntnis reifen lassen, daß die Kirche unvermeidbar auch Verfälschungen des Christlichen enthalten muß, ohne deshalb in ihrem Kern angegriffen zu werden. Görres ist dabei die Verbindung von tiefem Glauben und Kirchenkritik, von Religion und Wissenschaft, von Psychologie und kirchlich getragener Spiritualität und nicht zuletzt die Verbindung von tiefem Ernst und wunderbarem Humor in bewundernswerter Weise gelungen.

 

• Das Kreuz mit dem Glauben. Topos plus, Band 359, 2000. (Eine von Silvia Görres – der Frau von Albert Görres - und Frank Höfer erstellte Textsammlung mit Texten von Albert Görres.)

Diese Textsammlung trägt verschiedenste Gedanken zusammen, mit denen Albert Görres sein Leben lang die Frage umkreist hat, wie religiöser Glaube im Menschen zusammenbrechen, aber auch entstehen oder wieder auferstehen kann. Man spürt den Psychotherapeuten, der reiche Erfahrung darin hat, Menschen dabei zuzuhören, die der Frage nachgehen, wie sie ihre Einstellungen begründen können – seien sie nun christlich, agnostisch, atheistisch, marxistisch, kapitalistisch oder anderes.

So zeichnen die Texte das Labyrinth der Gedanken nach, die eine derartige Suche ausmachen. Im ersten Teil führt der Weg durch die Irrwege und Wege der Frage, ob Glaube überhaupt gerechtfertigt werden kann? Darf man ohne stringente Beweise glauben? (Kostprobe Görres: „Wenn der Verdacht zutrifft, daß Jesus Christus der ist, der er zu sein beansprucht, dann kann er den Zugang zu sich selbst nicht mit Bibliotheken verrammelt und mit Professoren verstellt haben“).

Im zweiten Teil fängt der imaginäre  Frager in gewisser Weise wieder von vorne an, indem er sich damit beschäftigt, ob es einen Gott gibt und geben kann, der absolutes Vertrauen verdient?

Eine Textsammlung ist keine flüssig sich entfaltende Abhandlung. Man muß mit jedem Text eher meditativ umgehen. Manchmal formuliert Görres sehr dicht. Trotzdem sind die Texte für den, der bereit ist, sich auf sie einzulassen, gut zugänglich. (Eine Bekannte meinte: „Erfrischend normale, nicht-universitäre Sprache!“)

 

 

•  Das Böse – Wege zu seiner Bewältigung in Psychotherapie und Christentum.

Herder, 1982. Mit einem Beitrag von Karl Rahner.

Es ist heute schwer, direkt vom Bösen zu sprechen, weil unser Verhältnis zu diesem Begriff und zu der Realität, auf die er hinweist, eigenartig gespalten ist. Einerseits hat kaum jemand Mühe damit, Hitler für sehr böse, ja sogar für teuflisch zu halten, andererseits haben wir zu oft erlebt oder gehört, wie man mit Urteilen wie  „du bist böse“, „du bist ein schlimmer Sünder“, du wirst in die Hölle kommen“ etc. neurotisierende Ängste nähren kann, die das Reden vom Bösen selbst als böse erscheinen lassen. Wir beruhigen uns mit der Idee, daß das Böse nur der notwendige Gegensatz zum Guten sei, daß es also ein wirklich Böses gar nicht gebe, es nur ein sogenannt Böses sei, um dann wieder schnell und gern ins andere Boot zu hüpfen, sobald uns selbst schlimmes Böses widerfährt. Manche amerikanischen Eltern, deren Kind ermordet worden ist, kämpfen heute dafür, daß sie persönlich anwesend sein dürfen, wenn an dem Mörder auf dem elektrischen Stuhl die Todesstrafe vollzogen wird. Und mancher Leser dieser letzten Zeile, der ansonsten vielleicht auch eher für das nur „sogenannte“ Böse eintritt, wird jene amerikanischen Eltern samt jenen, die für die Todesstrafe eintreten und sie auch noch vollziehen, nun eigentlich doch herzhaft für ziemlich böse halten. Albert Görres versucht, diesen Widerspruch von verschiedensten Seiten her aufzuklären. Unverzichtbare Leitplanken des Denkens liefert ihm hier das Christentum, das aber seinerseits auch durchaus etwas lernen kann von den psychologischen Entdeckungen der Neuzeit, die aufgezeigt haben, daß der Bereich der die Freiheit einschränkenden Animalität und der Bereich neurotischer Getriebenheit beim Menschen wirkmächtiger ist, als das in einer „Sündenpraxis“ mancher christlicher Strömungen gesehen wurde, bei der man Freiheit nicht als langsam im Menschen wachsend, sondern als von vornherein vorhanden betrachtet hat. Das Buch enthält im letzten Teil einen Artikel des bekannten Theologen Karl Rahner (Rahner und Görres waren gute Freunde), in dem Rahner versucht, Verständnis für das Wunder zu wecken, daß echte Schuld vergeben werden kann. Er schaufelt hier auch einen Weg frei zu einem Verständnis für den bleibenden Sinn der Beichte.

Das Buch ist gut zugänglich, enthält eine Fülle wervoller Gedanken und Zusammenhänge und braucht gerade deswegen Geduld, die aber reich belohnt wird.

 

•  Verdirbt das Christentum den Charakter? – Eine Pathologie des katholischen

Christentums, (Manuskript)

Karl Rahner hat diese Schrift von Albert Görres mit einigem Zögern in ein von ihm herausgegebenes Handbuch der Pastoraltheologie aufgenommen. Denn hier entwickelt Görres mit der Systematik des auch wissenschaftlich arbeitenden Psychologen eine Lehre von möglichen Fehlformen des Christlichen, die neurotisierende und krankmachende Wirkungen haben können. Es entstand dabei ein so schreckenerregendes und gewisse weit verbreitete Aspekte alltäglichen kirchlichen Lebens offenlegendes Bild der Kirche, daß Rahner Bedenken hatte, es möchte in dem einen oder anderen wackeren Christen zerstörerische Glaubenszweifel auslösen. Andererseits ist die Kirche ihrer eigenen Lehre nach immer zu reformieren, und von daher sind klare Diagnosen vorhandener Übel nur  zu begrüßen. Die Reaktion vieler Priester auf den Text hat Görres allerdings klar gemacht, daß auch bei katholischen Amtsträgern nicht immer ein ausreichendes Wissen vorausgesetzt werden durfte, was das Böse und Krankhafte bei den Christen und damit in der Kirche eigentlich zu bedeuten hat. Und so hielt Görres in Wien einen Vortrag, der sozusagen einen Nachtrag zu seiner „Pathologie des Christentums“ darstellt. Auf Grund dieser Gegebenheit habe ich mit der Ermächtigung von Silvia Görres, der Ehefrau des inzwischen gestorbenen Autors, die über die Rechte seiner Schriften verfügt,  eine leicht gekürzte und um den genannten Vortrag ergänzte Fassung der „Pathologie des Christentums“ erstellt. Sie kann als Kopie von mir persönlich angefordert werden. (Kosten: 25,- Euro) Die Ausführungen von Albert Görres beziehen sich, was die pathologischen Aspekte des Christentums betrifft, allerdings auf die Kirche vor dem zweiten Vatikanischen Konzil. Er beschreibt vor allem Versteinerungsformen des Christlichen. Er hat dies später durch einzelne Bemerkungen ergänzt, die heute stark verbreitete Verwässerungsformen angeht.

Der Ansatz von Görres ist vor allem insofern bedeutsam, als er das Böse in der Kirche nicht verharmlost, sondern klarsichtig benennt, und, ohne es entschuldigend wegzureden oder zu verharmlosen, die radikale Frage stellt: Warum ist das so? Könnte es sein, daß diese Gegebenheit gar nicht anders sein kann, ja vielleicht sogar einen tiefen Sinn hat.

Das Buch ist für jedermann gut zugänglich.

 

•  Zur kirchlichen Erbsündenlehre – Stellungnahmen zu einer brennenden Frage (mit

Kardinal Christoph Schönborn und dem Philosophen Robert Spaemann). Johannes Verlag,

1991

Eine Katholikin hat mir in einem Gespräch über Fragen des Christentums die erstaunte Frage gestellt, ob ich tatsächlich noch an die Erbsünde glaube. Die Frage bringt ein weit verbreitetes Empfinden zum Ausdruck, diese christliche Auffassung sei restlos überholt. Ich wundere mich manchmal selbst darüber, wie herzhaft ich früher derselben Auffassung war, und mit welcher Überzeugung ich heute die gegenteilige Ansicht für wahr halte. Pascals Gesichtspunkt bringt Verwunderung und die Empfindung von Selbstverständlichkeit gut in Einklang, wenn er sinngemäß meint, daß die Erbsündenlehre eines der größten und unaufklärbarsten Geheimnisse sei, aber wenn man daran glaube, einem klar werde, daß die erhellende Kraft dieser Sicht so groß sei, daß man nicht mehr darauf verzichten wolle. Das muß vielleicht ergänzt werden durch die erfrischende Bemerkung Chestertons, daß das einzige katholische Dogma, für das man jeden Tag auf der Straße ohne weiteres den Beweis erbringen könne, das Dogma von der Erbsünde sei. Wer einen Geruch von der erhellenden Kraft dieses Dogmas in die Nase bekommen will, der lese das kleine, oben angeführte Büchlein. Am erhellendsten und am leichtesten zu lesen scheint mir der Beitrag von Albert Görres zu sein.

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Aurelius Augustinus

 

Wer ist Aurelius Augustinus?

Der Afrikaner Aurelius Augustinus kommt im Jahr 354 in Tagaste zur Welt. Tagaste liegt heute unter den Häusern des in Algerien liegenden Orts Souk-Ahras begraben. Die Mutter ist Christin, der Vater nicht (er läßt sich allerdings gegen Ende seines Lebens taufen). Der Vater ist aber mit einer christlichen Erziehung des Sohns einverstanden. Obwohl die Eltern dem damaligen Mittelstand angehören, sind sie relativ arm. Trotzdem ermöglichen sie ihrem Sohn eine Laufbahn als Rhetoriker, was damals einer der angesehensten Berufe war. Im Lauf seiner Studien entfernt sich Aurelius vom Christentum, entdeckt die Philosophie als eine Suche nach gelebter Weisheit, schließt sich aber dann den sogenannten Manichäern an, einer Sekte, deren Gründer sich als Prophet der bislang höchsten Religion verstand, die es je gegeben hat, einer Religion, die die Lehren Jesu, Bhuddas und Zarathustras zusammenfassen und überbieten sollte. Augustinus fühlt sich 9 Jahre dieser Sekte zugetan, wendet sich dann aber von ihr ab, als er innere Wiedersprüche entdeckt und selbst bei den herausragendsten Vertretern feststellt, daß sie ihre eigenen Ansprüche nicht zu leben imstande sind. Er schließt sich den sogenannten Akademikern an, einer Gruppierung, die man heute Skeptiker nennen würde, da sie eine Erkenntnis von Wahrheit für völlig ausgeschlossen halten.

Im Jahr 383 geht Augustinus nach Rom, dann nach Mailand, wo er als Rhetor tätig ist. Die Begegnung mit dem damals schon weithin bekannten Mailänder Bischof Ambrosius und einigen anderen herausragenden Christen und unter vielem anderen die Lektüre der Paulusbriefe führen ihn nach und nach ins Christentum zurück. Er gründet eine klösterliche Gemeinschaft, die sich in Nordafrika ansiedelt, und wird dann, mit „sanfter Gewalt“, vom Volk bedrängt, sich zum Bischof wählen und weihen zu lassen, was er trotz heftiger Einwände schließlich annimmt. Er schreibt zahlreiche philosophisch-theologische Werke, um den Menschen das Christentum nahe zu bringen. Viele davon samt einer Unzahl von Predigten sind erhalten. Seine Schriften haben das Christentum bis heute beeinflußt.

 

• Die Bekenntnisse. Johannes Verlag, Einsiedeln, 1985

Die Bekenntnisse sind ein in Prosa geschriebenes Dankgebet und ein ganz persönlicher Bericht über die Bekehrung des Aurelius Augustinus zum Christentum, immer wieder auch eine Abhandlung über grundsätzliche religiöse und philosophische Fragen – eine einzigartige Mischung. Man muß sich hineinfinden in die Fragestellungen und in den Stil der Betrachtung. Wem das gelingt, entdeckt einen Mann von bewundernwerter Klarheit und vor allem einen Menschen, der vor vielen Jahrhunderten Dinge über Mensch und Gott schreibt, die so aktuell und frisch sind, wie wenn sie für uns Heutige bestimmt wären.

 

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Gilbert Keith Chesterton

 

Wer ist Gilbert Keith Chesterton?

Er wurde 1874 als Sohn eines Häusermaklers in London geboren. Am King’s College in London hörte er Vorlesungen über Literatur. Der aus einer unitarischen Familie stammende Chesterton wurde nach einer schweren inneren Krise praktizierender Anglikaner. Ab 1896 arbeitete er als Journalist für liberale Zeitungen. Immer wieder trat er in öffentliche Auseinandersetzungen mit Atheisten ein. 1922 ließ er sich in die römisch-katholische Kirche aufnehmen. Von 1900 an veröffentlichte Chesterton mehr als hundert Bücher. Außer seinen Detektivgeschichten (die überwiegend Father Brown zum Helden haben) schrieb er Essays, Bücher zur Verteidigung des Christentums, phantastische Romane und literaturkritische Arbeiten sowie Biographien, Gedichte und Bühnenstücke. Chesterton war Zigarrenraucher, Dialektiker und Feinschmecker. Er starb 1936 in Beaconsfield.

 

•  Ketzer – eine Verteidigung der Orthodoxie gegen ihre Verächter, Eichborn,

Frankfurt, 2000

•  Orthodoxie – eine Handreichung für die Ungläubigen, Eichborn Verlag, Frankfurt, 2000

In dem Buch „Ketzer“ macht sich Chesterton „mit verheerender Wirkung“ über die Materialisten lustig. „Orthodoxie“ (womit Chesterton den katholischen Glauben bezeichnet, denn Orthodoxie heißt ‚richtige Lehre‘) „ist keine bloße Fortsetzung dieser Attacke; hier wird die Dosis gesteigert und ein härterer Stoff geboten. Denn nun wird Chesterton positiv; er schildert die Vorzüge des Glaubens ... Dabei kommt Chesterton die bedenkenlose Frechheit zugute, mit der er die Überzeugungen aller aufgeklärten Zeitgenossen (oder deren Mangel) brüskiert.“ Die Beschreibung seines Wegs zum Glauben leitet er ein mit: «Ich bin der Narr in dieser Geschichte, und kein Widersacher wird mich von meinem Narrenthron vertreiben ... Ich versuchte, eine Ketzerei zu finden, die mir paßt; und als ich ihr den letzten Schliff gab, entdeckte ich, daß es die Orthodoxie war».

„Chesterton verteidigt die Tradition, das Wunder, die Phantasie und das Dogma, aber auf eine Art und Weise, die jedem Dogmatiker von Herzen zuwider sein muß; denn er beruft sich dabei einzig und allein auf die alltägliche Erfahrung, den common sense, die Vernunft und die Demokratie. Man kann sein Buch (seine Bücher) auch als die Autobiographie eines Abenteurers lesen, der mit zwölf ein Heide, mit sechzehn ein Agnostiker war, und den einzig und allein sein wildes Denken zum Glauben führte.“ (Dieser vielleicht etwas übertriebene, aber doch recht treffende Text stammt großenteils aus dem Kartonumschlag zum Buch „Orthodoxie“).

Äußerst lesenswert und leicht zugänglich ist das Kapitel „Über gewisse moderne Autoren und die Institution der Familie“ im Buch „Ketzer“. Hier eine Kostprobe zum wilden Denken des Autors, mit der er seine in diesem Kapitel zu findende Verteidigung der Familie beginnt: „Das übliche Plädoyer für die Familie lautet, inmitten der Spannungen und Wechselfälle des Lebens sei sie ein Hort des Friedens, der Freundlichkeit und der Einmütigkeit. Möglich ist aber auch ein anderes und meines Erachtens naheliegendes Plädoyer für die Familie: daß sie kein Hort des Friedens, der Freundlichkeit und der Einmütigkeit ist“. Und dann verteidigt er die These: „Wer in kleiner Gemeinschaft lebt, lebt in einer viel größeren Welt. Er weiß entschieden mehr über die drastischen Artunterschiede und unaufhebbaren Divergenzen zwischen den Menschen. Der Grund dafür liegt auf der Hand. In der großen Gemeinschaft können wir unsere Gefährten aussuchen. In der kleinen Gemeinschaft werden die Gefährten für uns ausgesucht.“

Ich habe bei der ersten Lektüre dieser Bücher wenig verstanden, bei der zweiten mich oft vor Lachen geschüttelt und bei der dritten hätte ich den Mann umarmen mögen für den Humor, in den er die im Hintergrund spürbare Klarheit und Strenge seines christlichen Denkens einzukleiden weiß.

 

• Sämtliche Pater Brown Geschichten. Insel Verlag, 1990.

Chestertons Krimis haben mit einer Einführung in das Christentum wenig zu tun. Und doch habe ich sie hier aufgenommen, denn Unterhaltung muß auch sein. Aber es gibt noch einen anderen Grund: Chesterton hat die Kriminalgeschichten mit ihrem Helden Pater Brown nicht zuletzt deshalb geschrieben, weil er sich über die Naivität geärgert hat, mit der eher materialistisch und die Möglichkeiten der Wissenschaft ins Unendliche verherrlichende Leute (unter anderem Conan Doyle mit seinem Sherlock Holmes) meinten, man könne wirkliche Menschenkenntnis durch wissenschaftlich systematisierte Indiziensuche ersetzen. Pater Brown zählt zu den eigenwilligsten und liebenswürdigsten Figuren unter den Detektiven der Weltliteratur nicht zuletzt deshalb, weil „der kleine rundliche Pater seine Fälle (löst), indem er sich nicht durch die Indizien ablenken läßt, sondern sich in die Atmosphäre des Bösen hineinversetzt und die Tat nachvollzieht... Seine Liebenswürdigkeit und Naivität erscheinen so bald in anderem Licht, auch seine offensichtliche Ungeschicklichkeit im Umgang mit den Ungelegenheiten des Alltags“.

Sobald man diesen Hintergrund weiß, realisiert man, daß Weltanschauung, und damit auch Religion keine Privatangelegenheit sind, sondern in alle Lebensbereiche hineinwirken. Die Bücher sind für jedermann natürlich ohne weiteres zugänglich, sehr spannend und sehr englisch.

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Henri Boulad

 

Wer ist Henri Boulad?

Nur „im Laufschritt“ soll man ihn kennen, diesen 1931 geborenen Jesuitenpater aus der ägyptischen Stadt Alexandria. „Der Abstammung nach Syrer und Italiener, der Nationalität nach Ägypter und Libanese, dem Ritus nach byzantinischer Grieche, der Kultur nach Franzose, begabt mit orientalischer Seele und westlicher Denkweise“: wen wundert es, daß dieser Mann ein Meister ganzheitlichen, integrativen Denkens und Handelns ist? „Sein Studium der Spiritualität, der Literatur, der Philosophie, der Theologie und der Psychologie hat ihn aus dem Libanon nach Frankreich und in die USA geführt, wo er sich ein Doktorat in Psychologie erwarb. Als Erzieher, geistlicher Führer, Vortragsreferent und Theologieprofessor übernahm er der Reihe nach die Aufgaben des Jesuitensuperiors in Alexandrien, des Regionaloberen der Jesuiten in Ägypten, des Direktors der Caritas Ägypten sowie des  Vizepräsidenten der Caritas Internationalis für die arabische Welt (Naher Osten und Nordafrika). In Anerkennung seines Einsatzes für die Ärmsten wurde er von Frankreich zum Offizier, später zum Kommandeur des Ordre National du Mérite (Nationalen Verdienstordens) ernannt.“ (Aus: Biographische Zeilen aus „Die Vernunft des Herzens“,

S. 298). Er ist ein radikal Suchender, der immer neu die Frage nach einer Verbindung von Glaube und Vernunft, von Tradition und Moderne stellt. Er hat zahlreiche Bücher veröffentlicht. Viele davon wurden in 14 Sprachen übersetzt.

 

• Der mystische Leib – kosmischer Zugang zur Eucharistie, Edition Tau, 1993

Es gibt kaum eine Aussage, die uns vom Rationalismus beeinflußte Menschen des 21. Jahrhunderts so befremdet wie die, daß ein Stückchen Brot der Leib, und etwas Wein in über die ganze Welt zu findenden, auf Altären verehrten Bechern das Blut  Jesu Christi sein sollen. Henri Boulad bietet erstaunliche Brücken zum Verständnis. Für jemanden, der sich dem Christentum erst (wieder) vorsichtig annähert, ist das Buch vielleicht ein wenig zu dicht im Zentrum des Christlichen angesiedelt. Es ist allerdings sehr gut verständlich geschrieben.

 

 

• Die Vernunft des Herzens – Wohin die Seele strebt. Otto Müller Verlag, 4. Auflage: 2003.

Gut verständlich und mit Tiefgang führt Henri Boulad in die Religion ein, die immer wieder neu entdeckt und immer tiefer verstanden werden will: das Christentum. Er scheut nicht davor zurück, die Themen anzupacken, die man gerne umgeht, weil sie als schwer verständlich gelten. Sie sind es nicht, wenn einer sie erklärt, der weiß, wovon er spricht: und so führt er den Leser an die Dreifaltigkeit, an die „Logik der Inkarnation“, an die Person Jesu, an den Gedanken der Erlösung und an die Frage heran, warum es Leid und das Böse gibt.

Wem das Christentum völlig fremd ist, muß sich natürlich durchbeißen; wer noch eine lebendige Erinnerung an christliche Inhalte hat, findet einen neuen Zugang; wer Christ ist, findet vertiefende Anregung.

Es gibt Kapitel in dem Buch, die einen Blick auf die Entwicklungsgeschichte des Kosmos unter evolutionärem Vorzeichen schreiben. Boulad lehnt sich dabei an den Jesuiten Teilhard de Chardin an; ich selbst empfinde diesen Gedanken einige Zurückhaltung gegenüber, aber sie sind auf jeden Fall eine Herausforderung, sich mit einer Gesamtschau der menschlichen Geschichte und ihres Sinns und Zwecks auseinanderzusetzen.

Das Buch ist gut zugänglich.

 

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Robert Coles

 

Wer ist Robert Coles?

Als Kinderpsychiater lehrt er an der Universität von Harvard. Coles ist ein offener Geist. Er weigert sich erfolgreich, Psychologie in rein wissenschaftliche Schablonen einsperren zu lassen. Sie ist für ihn Offenheit für die Einzigartigkeit von lebendigen Personen. In einem Artikel, in dem er Aspekte der herkömmlichen Psychiatrie kritisiert, schreibt er: „Wenn das Herz verdorrt, liefern wir wortreiche und doktrinäre Karikaturen des Lebens... Unser Denken wird eisig.“

 

• Wird Gott naß, wenn es regnet? – Die religiöse Bilderwelt der Kinder. Hoffmann und

Campe, 1992

Coles hat mit einer Unzahl von Kindern verschiedener Kulturen geredet. Man spürt sofort, daß er sie meistens in ihrer gewohnten Umgebung aufgesucht hat. Er sucht immer den lebendigen Menschen, kein Testobjekt. Was bewegt Kinder, ist seine Hauptfrage, was macht ihnen Schwierigkeiten, wie sehen sie das Leben, worin finden sie Sinn? Eines Tages sprach er mit Anna Freud, der Tochter des großen Sigmund Freud; Coles kannte sie gut. Er fragte sie, ob sie eine Idee hätte, was er nach der Abfassung mehrerer Bücher über das Leben, Denken und Fühlen von Kindern Sinnvolles tun könne. Anna Freud schlug ihm vor, die Gesprächsnotizen, die er von den Gesprächen mit den Kindern angefertigt hatte, noch einmal sorgfältig durchzugehen, um zu prüfen, ob er nicht manches übersehen habe. Coles ging auf den Rat ein. Und er entdeckte, daß er die religiösen Gedanken der Kinder glatt ausgeblendet hatte. Nach allem, was er an Aussagen und Überlegungen der Kinder zu berichten hat, fragt man sich, warum Coles den Schritt in den Glauben an Gott nach wie vor nicht tun kann. Er stellt sich die Frage selbst. Offen gestanden erscheinen gegen Ende des Buchs die Kinder klüger und einsichtiger als Coles selbst, was er mit erfrischender Selbstverständlichkeit auch ohne weiteres zugeben würde.

Das Buch ist ohne Schwierigkeit für jedermann gut lesbar.

 

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