Segal-Seminare

 Christliches Leben (Einführendes und Vertiefendes)

(Auch Biographien und Autobiographien von Christen und einer Jüdin)

Etty Hillesum

Wer ist Etty Hillesum?

Etty Hillesum ist Jüdin. Sie muß ca. 1914 zur Welt gekommen sein, lebte in Amsterdam, bis sie von den Nazis in ein Übergangslager nach Westerbork und dann nach Auschwitz transportiert wird, wo sie am 30. November 1943 stirbt.

• Das denkende Herz. Die Tagebücher von Etty Hillesum 1941 – 1943. Rowohlt Taschenbuch, 1985

Etty Hillesum ist ganz und gar ein Kind ihrer Zeit. Sie läßt sich von einem Mann psychologisch beraten, dessen Sekretärin und dessen Freundin sie gleichzeitig ist. Durch die Hilfe dieses Mannes und durch ihre Tagebuchaufzeichnungen, die sie eisern verfolgt, findet sie mehr und mehr aus ihrer inneren Verwirrung heraus. Gleichzeitig wächst in ihr zunehmend der Glaube an einen Gott, den sie in ihrem tiefsten Inneren entdeckt. Sie erkennt, daß eine Kraft sie trägt, die tiefer liegt als alle menschliche Verzweiflung und versucht, ihr Leben aus dieser Kraft heraus zu gestalten. Das Erfrischende an diesem Buch ist, daß es alles zu rosarot Erbauliche, das das Reden über Religion manchmal an sich haben kann, durch eine radikale Offenheit und den Willen überwindet, diesen Glauben nicht nur in Worte zu fassen, sondern zu leben, so gut sie nur kann, wobei sie immer wieder entdeckt, wie wenig sie es kann. Sie will die Welt und ihr eigenes Inneres in aller nur möglichen Klarheit sehen, und sie stellt fest, daß im Leben ein Sinn ist, der durch keinerlei Ereignisse zerstört werden kann - seien sie auch so grausam, wie es in den Arbeits- und Konzentrationslagern der Nazis der Fall war.

Das Buch ist für jedermann zugänglich, vor allem für Menschen, die nachvollziehen wollen, wie geheimnisvoll Glaube zustandekommen und sich in einem Menschen vertiefen kann.

        zurück zum Kapitelüberblick

xxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxx

Anselm Grün

Wer ist Anselm Grün?

Er wurde 1945 in Junkershausen geboren und trat mit 19 Jahren in die Benediktiner-Abtei Münsterschwarzach bei Würzburg ein. Er studierte Philosophie, Theologie und Betriebswirtschaft und ist heute Cellerar der Abtei.

Pater Anselm Grün gehört inzwischen zu den meistgedruckten christlichen Autoren der Gegenwart. Seine Bücher sind in mehr als 25 Sprachen übersetzt worden und haben eine Gesamtauflage von rund 14 Millionen Exemplaren. In den Büchern setzt er sich mit Aspekten des Christentums und konkreten Fragen auseinander, was es bedeutet, an Gott zu glauben und ein dementsprechendes Leben zu führen. Er gilt weithin als spiritueller Lehrer. Bemerkenswert ist die Einfachheit seiner Sprache, die Eindeutigkeit, mit der er sich auf die christliche Lehre bezieht und dabei auch immer wieder Kirchenväter zu Wort kommen läßt. Manches Gute hat er auch von Carl Gustav Jung gelernt, wobei ich etwas störend finde, daß er sich - wie gesagt selten – auf ihn bezieht, ohne gleichzeitig deutlich zu machen, daß Jung zwar viel Kluges, aber auch viel Zweifelhaftes gelehrt hat. Von diesem Schönheitsfehler abgesehen bieten die Schriften Pater Grüns ansonsten eine hervorragende Einführung in das Christentum und viele gute Anregungen und Hilfen. Er hat übrigens zusammen mit christlichen Psychologen in der Abtei von Münsterschwarzach eine Möglichkeit eingerichtet, psychologische und spirituelle Hilfestellung bekommen zu können. Ich habe einige der Bücher von Pater Grün gelesen. Es erscheint mir überflüssig, sie gesondert anzuführen. Man kann sich ohne Problem die Titel seiner Veröffentlichungen beschaffen und auswählen, was den eigenen Fragen und Interessen entspricht.

zurück zum Kapitelüberblick

xxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxx

André Frossard

Wer ist André Frossard?

Der 1915 in Frankreich geborene André Frossard ist Sohn eines der Begründer der Französischen Kommunistischen Partei (PCF). So wuchs er in einem völlig atheistischen Milieu auf. André liebt ein bequemes Leben; der Vater verschafft ihm durch Beziehungen einen Job als Journalist. Durch eine erstaunliche Begebenheit wird André eines Tages katholisch, was die Familie zunächst für eine Jugendeskapade hält. André selbst weiß, daß keine Entscheidung seines Lebens solch einen Ernst in sich trägt wie diese. Aber bevor er über die Umstände seiner Konversion berichten kann, muß er, wie er meint, erst jemand werden, den man ernst nehmen kann. Und so beginnt die innere, immer neu und tiefer zu vollziehende „Konversion“ und eine Berufslaufbahn, die ihn zu einem in ganz Frankreich bekannten Journalisten macht. Er arbeitet für große Zeitungen und Zeitschriften des Landes und veröffentlicht eine Reihe von Büchern. Berühmt wird er durch die weiter unten angeführte  Geschichte seiner Bekehrung und durch ein 1982 erschienenes Buch „N’ayez pas peur“ („Habt keine Angst“), das aus Privatgesprächen mit Papst Johannes Paul II entstanden ist. André Frossard starb 1995 in Versailles.

• Gott existiert – Ich bin ihm begegnet. Herder-Taschenbuch 435, 1970.

André Frossard ist durch eine ihn plötzlich ergreifende innere Erfahrung in wenigen Minuten vom Atheisten zum katholischen Christen geworden. Da er immer wieder mit dem Argument zu tun hatte, daß nur hypersensible Menschen mit übererregter Phantasie und zwanghafter christlicher Erziehung  zu solchen Anwandlungen fähig wären, schrieb er eine Autobiographie, die zeigt, daß er in keiner Weise zu dieser Kategorie von Menschen gerechnet werden kann. Man lernt über dieses Buch eine Person kennen, die mit robusten Nerven und einem souverän liebenswürdigen Humor ausgestattet ist. Immer wieder fragt man sich, wie es Atheisten oder Leuten, denen Religion gleichgültig ist, gelingt, die Erfahrung solcher Menschen wie André Frossard (und einer Unzahl anderer) als irrelevant zu verdrängen.

Das Buch ist für jedermann leicht und unterhaltsam zu lesen.

          zurück zum Kapitelüberblick

xxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxx

Isa Vermehren

Wer ist Isa Vermehren?

1918 kommt Isa Vermehren in Lübeck zur Welt. Sie ist ein aufgewecktes und intelligentes Kind und beginnt schon früh, Ziehharmonika zu spielen und Lieder zu singen. Sie ist keine besonders gute Schülerin. Ihr Vater ist Rechtsanwalt. Die Eltern sind aufgeschlossene, gebildete Leute. Als 1933 die Nazis an die Macht kommen, ist den Eltern Lübeck zu gefährlich, da viele wissen, daß sie mit den Nazis nichts zu schaffen haben wollen. Sie ziehen nach Berlin. Aber Isa ist bekannt als eine, die den Hitlergruß aus Solidarität mit einer jüdischen Klassenkameradin nicht zu leisten bereit war. Sie kann an keine Schule mehr. Und so folgt sie dem Rat eines Freunds und stellt sich bei dem damals schon weithin bekannten Werner Finck und seinem Kabarett „Die Katakombe“ vor. Sie wird genommen und tritt vor allem mit ihrer Quetschkommode (dem Akkordeon) und frechen Liedern auf. Schnell wird sie bekannt, zunehmend auch über die Grenzen Berlins hinaus. Sie wird auch für die Filmleute interessant. Jäh wird alles unterbrochen, als die Nazis die Katakombe schließen. Isa Vermehren ist 17 Jahre alt. Mit ihren Liedern und der Mitwirkung in Radiosendungen und in einigen Filmen  kann sie überleben.

Durch aufwühlende Begegnungen und tiefgreifende Gespräche kommt ihr das katholische Christentum nach und nach näher. 1938 konvertiert sie zur katholischen Kirche. 1939 zieht sie in ein Studentinnenheim des Ordens „Sacré Coeur“ ein. Durch die Flucht eines ihrer Brüder kommt die ganze Familie Vermehren 1944 in Sippenhaft. Isa Vermehren wird in das Konzentrationslager Ravensbrück eingeliefert, wo sie ein Jahr später durch die Alliierten wieder frei kommt. Einige Jahre nach dem Krieg tritt sie in den Orden Sacré Coeur ein, wird engagierte Lehrerin an einer der Ordensschulen, später Schuldirektorin. In späteren Jahren wurde sie häufig aufgefordert, das „Wort zum Sonntag“ im Radio zu sprechen oder bei anderen Radio- und Fernsehsendungen mitzuwirken. Ihr klarer Glaube, ihr scharfer Verstand und ihr unverwüstlicher Humor sind bekannt. Wer mehr über sie wissen möchte, kann das schöne Buch von Matthias Wegner über sie lesen: Ein weites Herz – Die zwei Leben der Isa Vermehren: Liebeserklärung an eine Nonne“. Claassen Verlag, 2. Auflage 2003.

• Reise durch den letzten Akt – Ravensbrück, Buchenwald, Dachau: eine Frau berichtet. rororo 4533, 1987.

Kurz nach dem Krieg schreibt Isa Vermehren, noch keine 30 Jahre alt, diesen Bericht über ihre Gefangenschaft im Konzentrationslager. Wie schafft es ein Mensch, unter diesen Bedingungen so gerade, so aufrecht, so menschlich zu bleiben, mit klarem Blick dem unmenschlichen Bösen ins Auge zu schauen, die Misere des Menschen ungeschönt zu ertragen? Diese Frage ist Claire und mir immer wieder gekommen, als wir das Buch lasen. Es ist voller Menschenkenntnis. Es ist ein Buch, in dem transparent wird, daß es unbeirrbar wahre und gute Maßstäbe des Menschlichen gibt. Und Isa Vermehren gelingt es, sie auch noch gegenüber jenen gelten zu lassen, für die sie längst zusammengebrochen sind. Und man spürt den Willen, uns Deutschen, die dieses Regime zugelassen haben, nichts von der Wahrheit zu ersparen, um Wege zu finden, eine Kultur neu aufzubauen, in der das Schreckliche nicht vergessen, sondern bewältigt wird. Es gibt, glaube ich, Menschen, die für ein Land so etwas wie Leuchttürme des Gewissens sind. Isa Vermehren gehört dazu. Das ist auch der Grund, warum dieses Buch, obwohl es nur zwischen den Zeilen vom Christsein handelt, hier aufgenommen wurde.

 

          zurück zum Kapitelüberblick

xxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxx

Henri Caffarel

Wer ist Henri Caffarel?

Henri Caffarel wurde 1903 in Lyon geboren. Mit zwanzig Jahren will er bei den Trappisten Mönch werden. Kirchliche Berater empfehlen ihm aber, ins Priesterseminar einzutreten. Er folgt dem Rat, behält aber sein ganzes Leben die Sehnsucht nach dem monastischen Leben. Er schreibt: „Wenn ich diesen Ruf zu einem Leben des Gebets nicht tief empfunden hätte, wäre ich nicht täglich dem Bedürfnis zu beten nachgekommen; ich hätte auch nicht jedes Jahr mehrere Wochen dem Leben in der Stille und Einsamkeit gewidmet. Ich bin mir sicher, daß ich die Wirksamkeit meines Priesterdaseins der Praxis des Betens verdanke.“ Sein Leben läßt sich nur von daher verstehen.

Ab 1936 beginnt er, Ehepaare zu beraten. Er gründet die „Équipes Notre Dame“, veröffentlicht Gedanken zur christlichen Ehe und zeigt, wie die Ehe zu einem spirituellen Abenteuer werden kann, das die innere Entwicklung der Partner zu einer immer lebendiger werdenden Liebe fördert. 1945 gründet er die Zeitschrift „L’anneau d’or“, in der er Artikel zur Spiritualität der Ehe veröffentlicht. Die Équipes Notre Dame umfassen heute weltweit circa 9000 Gruppen von 5 – 7 Ehepaaren, die den Anregungen von Père Caffarel folgen. 1943 gründet er angesichts der vielen Frauen, die ihre Männer im Krieg verloren haben, eine Bewegung für Witwen.

1966 gründet er in einem großen Haus im Westen von Paris eine Schule des Betens, die ebenfalls weltweite Auswirkungen hat. Er lehrte dort  bis zu seinem Tod im Jahr 1996, wie man beten lernen kann. Es scheint, daß seine Seligsprechung angestrebt wird. Claire und ich hatten die Möglichkeit, den schon hochbetagten Pater Caffarel persönlich kennenzulernen. Er war ein ungemein wacher, sensibler, weitherziger, poetischer, klar denkender und empfindender Mann. Es ist nicht zuletzt Gesprächen mit ihm zu verdanken, daß wir den Weg ins Christentum gefunden haben.

Frank Höfer konnte 2022 beim Herder Verlag eines der besten Bücher von Henri Caffarel herausgeben: 

•  Präsent sein für Gott - Hundert Briefe über das Gebet. Herder Verlag, 2022

Die Briefe greifen konkrete Fragen und Schwierigkeiten auf, auf die man bei dem Versuch zu beten stößt. Caffarel gelingt es, in großer Dichte und einer immer wieder auch poetischen Klarheit Ratschläge zu erteilen, die in der Praxis des Gebets weiterhelfen, gleichzeitig aber auch bis in große Tiefe hinein zeigen, wie wir Menschen sind, was unsere tiefsten Anliegen und unsere möglichen Irrwege sind. Das Buch ist jedermann zugänglich, der bereit ist, sich auf christliche Fragen und Anregungen einzulassen. 

•  An Scheidewegen der Liebe – Briefe über die christliche Ehe. Johannes Verlag, 1981

Henri Caffarel greift konkrete Lebenssituationen von Ehepaaren auf und versucht, im Geist des Christentums darauf zu antworten. Er erspart dem Leser nicht die schwierigsten und  leidvollsten Situationen, in der die christliche Antwort eine ziemliche Herausforderung darstellt. Aber Liebe ist nur in einer oberflächlichen Schicht jene „Happiness“, die so gern als Sinn der Liebe dargestellt wird, obwohl auch Caffarel sich an dieser Happiness, solange sie echt ist, freut.

           zurück zum Kapitelüberblick

xxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxx

Christian Feldmann

Wer ist Christian Feldmann?

Der 1950 geborene Christian Feldmann studierte Theologie und Soziologie. Er arbeitet als Journalist für Presse und Rundfunk und seit 1985 als freier Schriftsteller. Seine zahlreichen Biographien und Porträtsammlungen sind in dreizehn Sprachen übersetzt. Der Autor lebt in Regensburg.

• Wir hätten schreien müssen – Das Leben des Dietrich Bonhoeffer. Herder Spektrum 4610, 1998.

Man macht sich heute selten klar, wie sehr Menschen wie Dietrich Bonhoeffer dazu beigetragen haben, uns Deutschen, nach zwei von uns angezettelten Weltkriegen, den weltweit um sich greifenden Ruf zu ersparen, unverbesserliche Fanatiker oder gar Nazis zu sein. Als die Nazi-Schergen Bonhoeffer kurz vor Ende des Krieges als Verräter und Staatsfeind wegen seiner Beteiligung am Widerstand gegen Hitler aus der Gruppe seiner Mitgefangenen herausholten, um ihn in ein KZ zu transportieren und dort an einem Fleischerhaken zu hängen, soll der überzeugte protestantische Christ Bonhoeffer gesagt haben: „Jetzt gehe ich in das wirkliche Leben.“ Die Autobiographie von Christian Feldmann zeichnet nicht nur die persönliche Geschichte, sondern auch die inneren Kämpfe und Auseinandersetzungen nach, die Bonhoeffer zu einem Mitglied jener Widerstandsgruppe machten, die versuchte, Hitler umzubringen. Das Buch macht deutlich, daß auch heute noch eine grundsätzliche Frage ist, ob eine gottlose Welt über kurz oder lang zu einer Staatsmacht führen muß, die zunehmend der Willkür, also der Tyrannei verfällt.

Das Buch ist für jedermann problemlos zu lesen.

            zurück zum Kapitelüberblick

xxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxx

Lanza del Vasto

Wer ist Lanza del Vasto?

„Anfang 1981 starb im achzigsten Lebensjahr Lanza del Vasto. Aus sizilianischem Hochadel stammend verbrachte er Schülerjahre in Paris, Studentenjahre in Pisa und Florenz. Nach Abschluß seines Philosophiestudiums wanderte er durch Europa. Er stellte seinen Lebensstil völlig um und trennte sich von Besitz und Besitzdenken. Seinen Lebensunterhalt verdiente er sich durch die verschiedensten Arbeiten, auch solche künstlerischer Art. Seine geistige Suche führte ihn, obwohl er bis zuletzt überzeugter Katholik blieb, nach Indien. Dort begegnete er nach längerer Durchquerung Gandhi, in dessen Ashram er 1936 drei Monate verbrachte. Er wurde zum glühenden Verfechter der Gewaltlosigkeit. Nach Europa zurückgekehrt, gründete er 1948 die „Arche“, eine Gemeinschaft, die sich am Christentum orientiert, aber für Angehörige aller Religionen offen steht.“ Die gemeinschaftlich organisierten Familien leben von biologischem Ackerbau und von traditionellen Handwerken wie Spinnen, Weben, Schnitzen, Töpfern. „Der ausgewogene Wechsel zwischen Feldarbeit und Arbeit in den Werkstätten, zwischen sitzender und schwerer körperlicher Arbeit, zwischen einsamer und gemeinschaftlicher Arbeit und Fasten, Meditation und Gebet, geistigen Übungen und gewaltlosen Aktionen soll die Tage des Menschen füllen und ihm erlauben, sich zu erfüllen.“  Lanza del Vastos Bemühung galt der Würde des Menschen in seiner täglichen Arbeit.

• Die Macht der Friedfertigen – radikale Alternativen zu Elend, Knechtschaft, Krieg und Revolte, Kerle-Verlag, 1982

Ich habe das Buch von Lanza del Vasto vor vielen Jahren gelesen und jetzt (2006) wieder zur Hand genommen. Manches an seinem Denken scheint mir heute ein wenig zu idealisierend und schnell. Aber die Gesellschaftskritik, die sich bei ihm gegen den Kommunismus und gegen den Kapitalismus richtet, ist so anregend und herausfordernd, daß es sich auf jeden Fall lohnt, sich seinen Gedanken auszusetzen. Er nennt in diesem Buch die „Inbesitznahme und die Auswertung der Erkenntnis zum Zweck des Genusses und des Nutzens“ als die Ursünde, an deren Folgen die Menschheit von den Stammeltern an leidet. Elend, Knechtschaft, Krieg, Revolte – das sind für ihn die vier Glieder des Teufelskreises von Gewalt und Gegengewalt, den es in radikaler ... Rückbesinnung auf die christliche Botschaft zu durchbrechen gilt. Man muß sich seine Kritik bestimmter gesellschaftlicher Phänomene, der zur Religion hochstilisierten Wissenschaft, der Ungezügeltheit, mit der Vermehrung von Besitz als Recht betrachtet wird ... unter die Haut gehen lassen, um die Leidenschaft zu begreifen, mit der Lanza del Vasto gegen den Strom schwimmt.

Das Buch ist leicht zu lesen. Und es ist spannend.

          zurück zum Kapitelüberblick

xxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxx

Franz Werfel

Wer ist Franz Werfel?

Der österreichische Schriftsteller Franz Werfel wurde 1890 in Prag geboren. Sein Vater war Handschuhfabrikant. Die Familie gehörte dem deutschböhmischen Judentum an.

Mit seinen ebenfalls schriftstellerisch tätigen Zeitgenossen Willy Haas, Ernst Deutsch, Max Brod und Franz Kafka war er ein Leben lang befreundet. Von 1912 bis 1915 war er Lektor beim Kurt-Wolff-Verlag in Leipzig. Unter seiner Mitverantwortung erschien die expressionistische Schriftenreihe „Der jüngste Tag“. Werfel begegnete auch Rainer Maria Rilke und schloß Freundschaft mit Walter Hasenclever und Karl Kraus. 1929 heiratet er Alma Mahler, die Witwe Gustav Mahlers, geschiedene Walter Gropius. 1938 flüchtet er vor den deutschen Truppen nach Frankreich. 1940 findet er Zuflucht in Lourdes. Werfel gelobt, ein Buch über die Heilige Bernadette zu schreiben, falls er und seine Familie gerettet würden. Er überquert zu Fuß mit Heinrich und Golo Mann die Pyrenäen und emigriert über Portugal in die USA. 1943 wird mit großem Erfolg sein Roman „Das Lied von Bernadette“ mit Jennifer Jones in der Titelrolle verfilmt. 1945 stirbt Werfel im Alter von 54 Jahren. Er wird zunächst in Beverly Hills auf dem Rosedale Cemetery begraben und hat seit 1975 ein Ehrengrab auf dem Wiener Zentralfriedhof. Er erhielt mehrere Auszeichnungen und Ehrungen und hinterließ ein umfangreiches Werk von Romanen, Erzählungen, Novellen, Dramen und Gedichten.

• Das Lied von Bernadette, Bertelsmann, 1955

Eine spannend geschriebene, hervorragend recherchierte und einfühlsame Beschreibung des Lebens jenes einfachen Mädchens aus armer Familie, dem die Jungfrau Maria erschien, wodurch das im Norden der Pyrenäen gelegene Lourdes zu einem der größten Wallfahrtsorte der Christenheit wurde.

 

           zurück zum Kapitelüberblick

xxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxx

C.V. Gheorghiu

Wer ist C.V. Gheorghiu?

Constantin Virgil Gheorghiu kam 1916 in Räzboeni, Rumänien, zur Welt. Er wurde Schriftsteller und Diplomat. Im 2. Weltkrieg war er Kriegsberichterstatter auf deutscher Seite und wurde aus diesem Grund nach dem Krieg interniert. Während dieser Zeit schrieb er, gemeinsam mit seiner Frau, in französischer Sprache den Roman „25 Uhr“ (dta 1950), eine Anklage gegen jeden versklavenden Totalitarismus. 1963 wurde er orthodoxer Geistlicher. Ich konnte nicht herausbekommen, ob er noch lebt; wenn das der Fall sein sollte, muß man ihn in Paris suchen. Neben dem genannten Roman und dem unten angeführten Buch über Chrysostomus hat er noch andere Bücher geschrieben, die ich aber nicht kenne.

• Johannes Chrysostomus, Bachem Verlag 1960 (vergriffen).

Es erstaunt mich immer wieder, wieviel Aktuelles sich in dieser Lebensbeschreibung eines der großen Kirchenväter findet. Es ist ratsam, mit der Lektüre socher Biographien auch Theoretisches zur Einführung und Vertiefung des Christlichen zu verbinden. Dadurch bekommen theoretische Gedanken Saft. Die Lektüre ist einfach und spannend.

           zurück zum Kapitelüberblick

xxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxx

Julian Green

Wer ist Julian Green?

Julien Green ist Sohn amerikanischer Eltern. Er kommt im Jahr 1900 in Paris zur Welt. Kindheit und Jugend verbringt er in dieser Stadt. Sein Studium absolviert er allerdings in den USA. Einer seiner Professoren ist Faulkner. Als junger Mann tritt er in die katholische Kirche ein. Den Rest seines Lebens pendelt er zwischen USA und Frankreich hin und her. Die Pariser Künstlerszene ist sein Zuhause. Er kennt alle Berühmtheiten der in Paris ansässigen Schriftsteller, Poeten, Künstler und Philosophen, von Cocteau zu  Gertrude Stein, von André Gide zu Dali.

In seinen Büchern beschäftigt er sich eher mit den dunklen Seiten der Menschenseele. Das Buch „Bruder Franz“ ist eine Ausnahme, weil er sich hier direkt mit dem befaßt, was er einerseits anstrebt und von dem er doch meint, es liege für ihn in unerreichbarer Höhe: Heiligkeit.

• Bruder Franz, Herder Spektrum, 1993

Mit viel Feingefühl ist Julian Green einem Verständnis von Bruder Franz auf der Spur, jenem Kaufmannssohn, der durch seine Wahl der Braut Armut das ganze späte Mittelalter beeinflußt hat. Franz von Assisi ist auch heute noch eine bestimmende Gestalt durch seine Nähe zur Natur, durch sein Verständnis für die Heiligkeit der Schöpfung und seine Liebe zur Armut. Das Buch ist wunderbare Abendlektüre, für jeden ohne weiteres zugänglich.

            zurück zum Kapitelüberblick

xxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxx

Johann Hoffmann-Herreros

Wer ist Johann Hoffmann-Herreros?

Ich konnte bis jetzt keine ausreichende Information über diesen Mann bekommen.

• Charles de Foucauld – Der Zukunft auf der Spur. Topos Taschenbücher, Band 182, 1988.

Eine lebendig geschriebene Biographie über jenen Mann, der vom Lebemann zum Christen und Einsiedler wurde und dessen Leben und Sterben erst nach seinem Tod eine klösterliche Bewegung ins Leben gerufen hat. Charles de Foucauld lebte viele Jahre seines Lebens am Südrand der Sahara, liebte die Touareq, studierte ihre Sprache und lebte radikales Christentum vor. Er wurde 1916 in seiner Einsiedelei ermordet.

           zurück zum Kapitelüberblick

xxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxx

Romano Guardini

Wer ist Romano Guardini?

Er kam 1885 als Kind italienischer Eltern in Verona zur Welt. Die Familie siedelte aber bald nach Mainz um. Sein Vater war Importkaufmann. Nach einigen Mühen der Berufswahl entdeckte Romano seine Berufung zum Priestertum. Schon im Priesterseminar und im Theologiestudium wurde deutlich, wie besonders die Auffassungsgabe und die Denkweise Guardinis war. Seine Freiheit von aller zwanghaften Suche nach Modernität und seine Bemühung, Leben, Sinn und Ziel des Menschen in seiner Vielschichtigkeit zu erfassen, haben aus ihm einen der großen Vordenker und Vorbilder des 20. Jahrhunderts gemacht. Sein Einfluß auf die jungen Leute Deutschlands war durch seine Arbeit in der Jugendbewegung in Burg Rothenfels vor und fast während der ganzen Nazizeit beträchtlich. Von 1923 bis 1939 lehrte er an einem eigens für ihn eingerichteten Lehrstuhl für katholische Weltanschauung an der Universität Berlin. Die Nazis verboten ihm ab 1939 jede Lehrtätigkeit. Nach dem Krieg wurde er wieder an die Universität berufen, zunächst nach Tübingen (1945 – 1948), dann nach München (1948 - 1968).  Guardini sorgt in seinen Schriften für eine eigentümlich lebendige und tiefgründige Begegnung zwischen rein menschlichem Denken (Philosophie) und „Sich-von-Gott-die Wahrheit-sagen-Lassen“ (Theologie), wobei sein Sinn für Kunst ermöglicht, daß er die Werke großer Künstler (z.B. Dostojewski, Rilke, Hölderlin) mit in diesen Dialog von Philosophie und Theologie einbezieht. Er gilt weltweit als einer der größten christlichen Denker des 20. Jahrhunderts.

•  Der Herr – Betrachtungen, Werkbund Verlag, Würzburg, 1959

Man muß Zugang zum Christentum haben, um Zugang zu diesem Buch finden zu können. Wer Christ ist, findet hier Betrachtungen zur Person Jesu Christi, die tief in das Mysterium christlichen Glaubens führen. Guardinis Art zu predigen (denn das Buch ist aus Predigten entstanden) ergreift den Menschen in seiner Ganzheit: er umkreist das Wesen Jesu so, daß der Kopf mit seinem Bedürfnis nach philosophisch-theologischer Betrachtung, aber auch das Herz mit seinem Bedürfnis, Antwort auf die Frage zu bekommen, wen man hemmungslos wollen, also lieben darf, Orientierung und Nahrung bekommen. Ein Buch der meditativen Betrachtungen also, auf das man sich einlassen muß. Es als reine Informationsquelle zu benutzen, würde ihm Gewalt antun, weil man unter dieser Voraussetzung nahezu nichts begreifen könnte.

          zurück zum Kapitelüberblick

xxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxx

Franz von Sales

Wer ist Franz von Sales?

Als der Sohn adliger, in Savoyen angesiedelter Eltern studierte der 1567 geborene, hochsensible, aber mehr und mehr Lebensmut findende Franz zunächst in Paris die Schönen Künste und Literatur. Auf seiner Reise dorthin erlebte er als junger Mann hautnah die gewalttätigen Auseinandersetzungen zwischen Katholiken, Hugenotten und Calvinisten. Heimlich besuchte er schon in Paris theologische Vorlesungen. Eine Frage der Theologen nach Erlösung oder Verdammnis brachte ihn in eine schwere innere Krise. Ein Gebet an Maria erlöste ihn davon, was seinem Beschluß, sein Leben ganz Gott und der Kirche zu weihen, bestärkte. Zunächst studierte er bürgerliches Recht und Kirchenrecht. Dann fand er den Mut, seine Eltern um ihr Einverständnis zu bitten, daß er ein Mann der Kirche werde. Er wurde Domprobst, Diakon, später Priester, dann Bischof von Genf (der allerdings in Annecy seinen Sitz hatte, da in Genf die Calvinisten keine Vertreter der katholischen Kirche neben sich duldeten). Die Freundschaft mit Johanna von Chantal führte zur Gründung einer neuen Ordensgemeinschaft, den Salesianern. Beim Tod von Franz von Sales im Jahr 1622 gab es bereits 13 von ihm gegründete Klöster. Mutter Chantal sollte ihn um 19 Jahre überleben. So entstanden noch 74 weitere Klöster. Es gibt bis heute weit verzweigte und in der ganzen Welt tätige „Ableger“ dieser Bewegung; der fruchtbarste ist die Gründung, die Don Bosco 1869 unter dem Namen Salesianer Don Boscos ins Leben rief; dazu gehören auch die 1872 gegründeten Don-Bosco-Schwestern.

Bereits 43 Jahre nach seinem Tod (1665) wurde Franz von Sales heilig gesprochen. 1877 wurde er zum Kirchenlehrer erklärt.

Wer sich mit Franz von Sales befaßt, ist beeindruckt von einer milden, sanftmütigen Klarheit. Auch an Humor hat es ihm nicht gefehlt und an Fähigkeit, sich selbst auf den Arm zu nehmen. So schreibt er einmal: „Es erfaßte mich ein heftiges Verlangen, ‚heilig‘ zu werden; Ich fing an, mir einzubilden, ich müsse deshalb beim Beten den Kopf etwas auf die rechte Seite geneigt halten, weil ein anderer Schüler, der als ein Heiliger angesehen wurde, es auch so machte. Allein obschon ich längere Zeit bei diesem Verfahren blieb, merkte ich nicht, daß ich darum heiliger wurde.‘ Er hat durch sein Wirken unzählig vielen Menschen, vor allem auch solchen, die nichts mit einem klösterlichen Leben zu tun hatten, dazu verholfen, klare Orientierung zu finden. Wer mehr über ihn erfahren will, kann die Biographie von Dirk Koster OSFS lesen: „Franz von Sales“, Franz-Sales-Verlag, Eichstätt, 2002.

• Philothea – Anleitung zum religiösen Leben, Topos plus Band 329, 2000.

Das Buch besteht aus Briefen an Madame de Charmoisy, eine mit Franz von Sales verwandte Dame. Es wurde zu einem der meistgelesenen Bücher der Christenheit. Gleichgültig, ob man zu den gelehrten oder zu den einfacheren Leuten gehört: jedem ist das Buch zugänglich, und vielen hat es Wege gewiesen, wie man anstrengende Überflüssigkeiten, ungute Gewohnheiten bekämpfen und vielleicht sogar ablegen kann. Primär ist es ein Buch, das zeigen will, daß es sich lohnt, Gott zu suchen in allen Dingen.

          zurück zum Kapitelüberblick

xxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxx

 

Teresa von Avila

Wer ist Teresa von Avila?

Die 1515 geborene Spanierin Teresa von Avila ist eine Person vom Kaliber einer Mutter Theresa: eine Frau, die schon als Kind wußte, was sie wollte. Eine beispielhafte Anekdote berichtet, daß sie mit ihrem Bruder einmal von zuhause davongelaufen ist; sie hatte ihn davon überzeugt, daß es wohl am besten wäre, als Märtyrer zu sterben. (Der christliche und der authentische moslemische Märtyrer haben übrigens nichts mit den Perversionen zu tun, die wir heute von einem fanatisierten und überpolitisierten Pseudo-Islam islamistischer Terroristen vorgeführt bekommen). Und so wollten sie zu den Moslems laufen, um von diesen geköpft zu werden. Mit anderen Kindern versteckte sie sich häufig im Garten, um mit ihnen den Rosenkranz zu beten. 15-jährig waren allerdings die frommen Vorhaben und Taten für eine Weile auf Eis gelegt. Sie hatte sich zu einem der schönsten Mädchen Avilas ausgewachsen, imitierte die Frisuren der Kaiserin Isabella und begeisterte sich für Ritterromane. Sie schrieb sogar einen Ritterroman voll Heldentum und abenteuerlicher Liebe selbst. (Diese Romane waren übrigens keineswegs nur von Keuschheit geprägt. Die Helden waren oft Kinder, die aus leidenschaftlichen Seitensprüngen ihrer Eltern hervorgegangen waren, deshalb ausgesetzt werden mußten, nur knapp dem Tod entkamen und durch die Wirren des Lebens zu unbezwingbaren Helden wurden. Aber die sexuelle Leidenschaft mit ihren eventuellen Folgen zählte im Mittelalter, auch im spanischen, offenbar sowieso nicht zu den sonderlich schweren Sünden.) Um Teresa einige Bildung zukommen zu lassen, schickte sie der Vater (die Mutter war gestorben, als Teresa 13 Jahre alt war) ins Kloster. Dort entdeckte sie, daß die Bestrebungen der Welt alle zu keiner wirklichen Erfüllung führen konnten. Nach langem inneren Kampf entschied sie sich für ein Leben im Kloster. Entschiedenheit sollte zu einem ihrer Grundworte werden. Jahre später schrieb sie über sich selbst: „Die Erfahrung hat mir gezeigt, daß, wenn ich mich für Gott allein zu einer Tat zwinge, die erschreckend erscheint, der Lohn dafür desto größer sein wird, je größer die Angst davor war.“

Einundzwanzigjährig trat sie in den Orden des Karmel ein. Eine Biographin von Teresas Leben kommentiert: ‚„So kam es, daß Dona Teresa de Ahumada y Cepeda mit dem himmlischen Bräutigam eine Vernunftehe schloß“. Teresa war allerdings entschlossen, aus dieser Vernunftehe eine Liebesehe zu machen.‘

Einige Jahre lang waren ihre Bemühungen, in ihrer Seele Ordnung zu schaffen, von äußersten Kasteiungen gekennzeichnet. Im Lauf der Zeit erkannte sie die Übertriebenheit dieser Übungen. Sie wurde später berühmt für ihr vernünftiges Maß in allen Dingen. Sie schuf  gegen den heftigen Widerstand ihrer Mitschwestern einen reformierten Zweig des Karmeliterordens, der die ursprünglich strengeren Ordensregeln wieder aufgriff. Nach einer ersten Klostergründung für Frauen gewann sie Johannes vom Kreuz, der für den Aufbau von Männerklöstern die Verantwortung übernahm. Teresa schuf so im Lauf der Zeit nahezu zwanzig Frauen- und ebenso viele Männerklöster. Immer wieder hatte sie mit hartnäckigen Gegnern ihrer Bemühungen zu kämpfen. Nach und nach sprach sich allerdings herum, daß es keinen Sinn hatte, gegen ihre Vorhaben Widerstand zu leisten, da sie durch ihren eisernen Willen, ihren Charme und Humor und ihre Überzeugungskraft immer bekomme, was sie wolle. (Sie selbst würde hier wohl einhaken und meinen, daß sie nur Erfolg hatte, weil sie den Willen Jesu Christi tat.) Sie war berühmt für ihre Fröhlichkeit und sie mochte fröhliche Leute. Überzogene Andachtsformen und mürrische Heilige waren nicht ihre Sache. Ihr Gelächter war so ansteckend, daß das ganze Kloster lachte, wenn sie in Lachen ausbrach. In ihren Klöstern wurde beim Gottesdienst auch getanzt. Sie hatte einen ausgeprägten Sinn für Musik und Poesie. Sie meinte einmal: „Ich fürchte eine unzufriedene Nonne viel mehr, als viele Dämonen.“ Viele Jahre hindurch hatte sie tiefgreifende mystisch-ekstatische Erfahrungen. Die Frage um deren Echtheit war ihr lange Zeit Anlaß zu inneren und äußeren Auseinandersetzungen.

Im April 1582 gründet sie das letzte Kloster in Burgos. Am 4. Oktober 1582 stirbt sie in dem ebenfalls von ihr gegründeten Kloster von Alba de Tormes.

Bereits 42 Jahre später wird sie selig- und 1622, im selben Jahr wie Ignatius von Loyola, heiliggesprochen.

Die Lehre von Teresa führt in die dem Menschen hier auf dieser Erde möglichen innersten Gefilde der Gottesnähe. Und man kann an ihr wie an vielen christlichen Heiligen hautnah sehen, daß sich kontemplatives und aktives Leben nicht widersprechen. Sie finden allerdings bei Teresa von Avila eine selten gelungene Verbindung.

• Die innere Burg, Diogenes Verlag, detebe-Klassiker 20643, 1979

Teresa von Avila vergleicht in diesem Buch, das sie auf Aufforderung eines ihrer Beichtväter schreibt, die Seele mit einer Burg, in deren innerstem Raum die Begegnung mit Gott sich ereignet. Aber die Seele muß sich den Weg ins Innerste erkämpfen. Die Klarheit, Bescheidenheit und Genauigkeit, mit der Teresa diesen Weg beschreibt, macht sie zu einer der größten Lehrerinnen christlicher Mystik und christlichen Lebens.

Kein Buch für Leute, die gerade dabei sind, sich die Anfangsgründe des Christentums zu erarbeiten, aber Pflichtlektüre für jeden, der wissen möchte, was christliche Mystik ist.

• Das Leben der heiligen Mutter Theresia von Jesu, und die Gnaden, welche Gott ihr erwiesen hat, geschrieben auf Geheiß ihres Beichtvaters. Druck und Verlag von Georg Joseph Manz, Regensburg, 1867.

Diese Autobiographie von Teresa von Avila gibt es natürlich auch in neueren Ausgaben. Ich verfüge nur über diese alte, weshalb ich sie angebe. Bei der Lektüre dieses Buchs geht mir manchmal der Gedanke durch den Kopf, wie unverständlich es ist, Atheist zu sein, denn man muß ja schließlich die Autorin für verrückt oder den menschlichen Geist für ein Zufallsprodukt erklären, um ihre Erfahrungen und ihre Kenntnisse einfach beiseite schieben zu können. Falls die These stimmt, daß der menschliche Geist nur ein Zufallsprodukt ist, dann wäre auch der Atheismus nur ein momentanes Zufallsprodukt und verdiente ebenso wenig Aufmerksamkeit wie das Denken dann überhaupt. Natürlich kann man die These verfolgen, ob Teresa verrückt gewesen ist oder eine Fabuliererin. Der gesunde Menschenverstand, daß Maß, die Bescheidenheit, die Offenheit ihrer Zeilen, ihr Humor, ihre bis an die Wurzeln gehende Konsequenz und nicht zuletzt das Ergebnis ihrer Bemühungen, ihr ganzes Lebenswerk also, sprechen dagegen. Menschen, die sich dem Christentum vorsichtig annähern, werden sich bei der Lektüre viele Fragen stellen: ist die Betrachtung der eigenen Sündhaftigkeit nicht übertrieben bei einer Frau, die ein derart radikal christliches Leben führt? Warum steht sie so unbeirrt zur Kirche, wenn sich manche ihrer Beichtväter als recht inkompetent herausstellen? Ist das klösterliche Leben mit all seinen einschränkenden Regeln mit der heutigen Zeit vereinbar; hat es überhaupt einen Sinn? Was sind die Verzückungen, die Visionen, die Eingebungen – ist all das nicht „finsteres Mittelalter“? All diese Fragen eröffnen bereichernde Möglichkeiten, wenn man sie ernsthaft stellt, auch wenn sie zunächst verunsichern können. Für Menschen, die Zugänge, Anregungen und Vertiefung für das Gebet suchen, eröffnet sich eine Schatzkammer an Erfahrung und lebensnahem Wissen. Beflügelnd auch, wie offen Teresa ihre eigenen Nöte mit dem Beten anspricht.

           zurück zum Kapitelüberblick

xxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxx

Johannes vom Kreuz

Wer ist Johannes vom Kreuz?

Heutzutage ist die Einstellung weit verbreitet, daß die Quelle jeder Religion die mystische Erfahrung sei. Das Christentum teilt diese Einstellung zwar nicht, ist aber doch dankbar für seine großen Mystiker. Dies gilt besonders für Johannes vom Kreuz.

Er wurde 1542 in Spanien geboren. Sein Vater starb früh. Er wuchs, von der Mutter erzogen, in großer Armut auf. Durch die Hilfe eines Gönners konnte er 17-jährig ein Studium an einem Jesuitenkolleg absolvieren. Er war begabt und studierte mit viel Erfolg. 1563 tritt Johannes in ein Karmeliterkloster ein. Und er erhält die Gelegenheit, an der damals berühmten Universität von Salamanca weiter zu studieren. Er erwirbt sich umfangreiche Kenntnisse in der Theologie des geistlichen Lebens. Bereits in Salamanca wurde er bekannt durch die klare Strenge, mit der er sein Leben gestaltete. „Bald nach der Priesterweihe gewinnt Teresa von Avila den jungen Ordenspriester für ihren Plan, Reformklöster des Karmel zu gründen. 1568 beginnt er als Fray Juan de la Cruz – Bruder Johannes vom Kreuz – zusammen mit zwei Mitbrüdern in einer Notunterkunft in Duruelo karmelitanisches Leben nach den Vorgaben Teresas, wird Novizenmeister und Studienleiter seiner jungen Mitbrüder, dann Beichtvater und Spiritual der Schwestern in Avila. Infolge bedauerlicher ordens- und kirchenpolitischer Mißverständnisse nehmen ihn Mitbrüder des Stammordens 1577 als „Rebell“ gefangen und halten ihn in Toledo fest, um seinen Einfluß auszuschalten. Nach neun für Körper und Geist qualvollen Monaten gelingt ihm die Flucht. Es folgen Jahre vielseitigen Wirkens: Ausübung verschiedener Leitungsämter im teresianischen („unbeschuhten“) Ordenszweig des Karmel, Klostergründungen, Schwesternseelsorge, Predigttätigkeit und Seelenführung zahlreicher Laien- und Ordenschristen, dazwischen – sporadisch und nur „nebenher“ – die Abfassung geistlicher Schriften. Als er am 14. Dezember 1591 in Úbeda/Andalusien stirbt, ist er aller Ämter enthoben – ein Opfer der ersten großen Richtungsstreitigkeiten im neuen Orden. 1675 wird er in Rom seliggesprochen, 1726 folgt die Heiligsprechung.

•  Aufstieg auf den Berg Karmel, Herder Spektrum, 1999

•  Die dunkle Nacht, Herder Spektrum, 1995

Johannes vom Kreuz ist ein Mann gewesen, der mit beiden Beinen im Leben stand. Er hat oft die Maurerkelle geschwungen und einfache Arbeiten in den von ihm gegründeten Klöstern angepackt. Und er hat viele Menschen in ihrer Bemühung beraten, ihrer eigenen Wahrheit und der Zielrichtung ihres Lebens auf die Spur zu kommen. Natürlich war für ihn klar, daß das eigentliche Ziel aller menschlichen Bemühungen die Suche nach einem unzerstörbaren Glück ist, das innerhalb der Zeitlichkeit nicht gefunden werden kann. Mich hat in seinen Büchern vor allem die Nüchternheit beeindruckt, mit der er innere Erfahrungen beurteilt. Das etwas Schwärmerisch-Abgehobene, das man oft beobachten kann, wenn von „Spiritualität“ die Rede ist, bekommt durch die Lektüre der Schriften des Kirchenlehrers und „Doctor mysticus“ einen gesunden Hieb.

Selbst Nichtchristen können hier eine gesunde Einführung in das bekommen, was innerhalb des Christentums der Versuch bedeutet, sich dem geheimnisvollen Gott anzunähern, an den Christen glauben. Man muß natürlich bereit sein, sich mit Johannes vom Kreuz innerhalb der damit verbundenen Glaubensinhalte zu bewegen, was dem nicht ganz leicht fallen dürfte, dem diese Inhalten fremd sind. Es sei hier noch einmal wieder darauf hingewiesen, daß eine Annäherung an  Gott in Form eines monastischen Lebens abhängt von Berufung: nicht jeder ist berufen zu einem solchen Leben. Aber es erscheint mir wertvoll, sich trotzdem mit den christlichen Mystikern zu beschäftigen: zum ersten, weil sie herausragende Zeugen für die Wahrheit der Glaubensinhalte sind; zum zweiten, weil das, war hier vorgelebt wird, nicht unmittelbar, aber mittelbar zum Vorbild werden kann, indem man nach den inneren Haltungen fragt, die sich in ein „normales“ Alltagsleben übertragen lassen.

 

Albert Görres

Wer ist Albert Görres?

Er war Arzt und Psychoanalytiker. Es ist wohl weitgehend ihm zu verdanken, dass Sigmund Freuds Schriften auch in katholischen Kreisen diskutierbar wurden. Seine Offenheit für moderne neue Methoden der Psychotherapie, sein Humor, seine tiefe Kenntnis der menschlichen Seele und sein unerschütterlicher Glaube an Jesus C'hristus haben ihn zu einem der großen Christen des vorigen Jahrhunderts gemacht. 

Er hat mehrere Bücher geschrieben, von denen wir hier nur einige angeben: 

Mit Karl Rahner: "Das Böse - Wege zu seiner Bewältigung in Psychotherapie und Christentum", Herder Verlag, 1982.

'"An den Grenzen der Psychoanalyse", Kösel Verlag, 1968.

"Kennt die Religion den Menschen - Erfahrungen zwischen Psychologie und Glauben", Serie Piper, 1986.

"Kennt die Psychologie den Menschen - Fragen zwischen Psychotherapie, Anthropologie und Christentum", Serie Piper, 1986

Posthum konnte Frank Höfer mit Silvia Görres, der Frau von Albert Görres, eine spannende Zusammenstellung von Texten aus seinen Schriften herausbringen: "Das Kreuz mit dem Glauben", erschienen im Jahr 2000 bei Topos plus.

           zurück zum Kapitelüberblick

xxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxx

Wir benutzen Cookies

Wir nutzen Cookies auf unserer Website. Einige von ihnen sind essenziell für den Betrieb der Seite, während andere uns helfen, diese Website und die Nutzererfahrung zu verbessern (Tracking Cookies). Sie können selbst entscheiden, ob Sie die Cookies zulassen möchten. Bitte beachten Sie, dass bei einer Ablehnung womöglich nicht mehr alle Funktionalitäten der Seite zur Verfügung stehen.